Die Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle verletzt nicht das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot
BFH 6.2.2014, IV R 59/10Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern ist. Der Gesellschaftsgründung lag ein "Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft" zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementärin für A-Leasinggesellschaften herausgegeben worden war. Auf Grund dieses Konzeptpapiers wurden weitere Kommanditgesellschaften gegründet. Die dem Konzeptpapier zugrunde liegende Grundkonzeption des Modells "A-Leasinggesellschaften" entspricht teilweise derjenigen der "B-Leasingfondsgesellschaften", die von der GmbH zuvor mit einer Vielzahl von Anlegern begründet worden waren.
Das Konzeptpapier für die im vorliegenden Fall betroffene "A-Leasinggesellschaft" enthält - wie auch der frühere Prospekt der B-Leasingfondsgesellschaften - Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertragsplanung. Allerdings wird abweichend vom früheren Prospekt ein Investitionsjahr 0 nicht dargestellt und die Ertragsplanung enthält keine Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten bzw. keine Erläuterungen zu etwaigen Steuerersparnissen. Der in der Ertragsplanung ausgewiesene Gesamtüberschuss sollte sich aus dem Stehenlassen jährlicher Überschüsse ergeben.
Im August 2007 hatte die Klägerin eine Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 eingereicht. Darin gab sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb i.H.v. 115.284 € an, wobei ein Gewinnanteil i.H.v. 20.000 € auf die GmbH und ein Verlustanteil i.H.v. 135.284 € auf den Beigeladenen entfallen sollte. In ihrer Gewinnermittlung hatte die Klägerin eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG i.H.v. 114.000 € gebildet. Das Finanzamt stellte unter Versagung der Anerkennung der Ansparrücklage die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb mit 1.284 € fest. Die Einkünfte wurden i.H.v. 20.000 € der GmbH und i.H.v. 21.284 € dem Beigeladenen zugerechnet. In gleicher Höhe wurde ein verrechenbarer Verlust nach § 15b EStG festgestellt, da es sich nach Auffassung der Behörde bei der Klägerin um ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 S. 1 EStG handelte.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision der Steuerbehörde vor dem BFH blieb erfolglos.
Die Gründe:
Das FG durfte im Rahmen seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung davon ausgehen, dass im Streitfall kein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vorlag.
In dem vorliegenden Fall war ein bereits bestehendes Vertriebskonzept für Leasingfonds mit Blick auf den neu eingefügten § 15b EStG angepasst worden. Was unter einem Steuerstundungsmodell zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 15b Abs. 2 EStG geregelt. Ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 1 EStG liegt danach vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 S. 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 S. 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 S. 3 EStG). Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln.
Mit der 2005 geschaffenen Regelung wollte der Gesetzgeber die Attraktivität von Steuerstundungsmodellen einschränken, was ihm zuvor mit dem früheren § 2b EStG nicht hinreichend gelungen war. Bislang war streitig, ob § 15b Abs. 2 EStG, der die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Steuerstundungsmodell angenommen werden kann, gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verstößt. Dies ist nun zu verneinen. Die Norm ist hinreichend klar formuliert und daher auslegbar. Verluste im Zusammenhang mit sog. Steuerstundungsmodellen werden weder im gleichen Jahr mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen noch dürfen sie in andere Jahre vor- oder zurückgetragen werden.
Das Urteil des FG stimmte - jedenfalls im Ergebnis - mit den vorstehenden Rechtsgrundsätzen überein. Sieht nach den Feststellungen des FG das vertriebene Konzept keine steuerlichen Verluste vor und sollte es danach ausschließlich wegen der erzielbaren Erlöse als Geldanlage attraktiv sein, so verletzt der Schluss des FG, in der Sache liege kein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG vor, weil nicht die Möglichkeit zur Erzielung von Steuervorteilen in Form negativer Einkünfte geboten worden sei, weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze.
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