18.12.2014

Doppelte Haushaltsführung: Zum Beginn der Dreimonatsfrist in Wegverlegungsfällen

Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort weg und nutzt daraufhin eine bereits vorhandene Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt (sog. Wegverlegungsfall), so wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet. Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt in sog. Wegverlegungsfällen die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit von Verpflegungsmehraufwendungen.

BFH 8.10.2014, VI R 7/13
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hatte mehrere Jahre vor dem Streitjahr in A gewohnt und war dort nichtselbständig beschäftigt. Nach ihrer Eheschließung im Mai 2008 begründeten die Kläger ihren Familienwohnsitz in B. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt der Kläger als Zweitwohnung bei.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte der Kläger den Abzug von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab dem Tag seiner polizeilichen Meldung in B (Juni 2008). Er machte insbesondere den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage i.H.v. 1.272 € geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen, weil der Kläger bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt habe und daher die Dreimonatsfrist bereits abgelaufen sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Berücksichtigung der Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5 und 6 EStG im geltend gemachten Umfang hat.

Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht abziehbare Werbungskosten. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzusetzen. Nach Satz 5 der Vorschrift beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate.

Gem. Satz 6 der Vorschrift gelten die Abzugsbeschränkungen nach Satz 1, die (gestaffelten) Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer aus betrieblichem oder beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können 

Verpflegungsmehraufwand wird seit dem Veranlagungszeitraum 1996 nur für die ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge (24 € je Tag im Streitjahr 2008) gewährt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber Steuerpflichtigen mit doppelter Haushaltsführung einen Rechtsanspruch auf Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge eingeräumt. Der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung während der Dreimonatsfrist ist generell von der tatsächlichen Verpflegungssituation unabhängig. Es ist ohne Bedeutung, ob überhaupt ein erhöhter Verpflegungsmehraufwand anfällt. Der Senat hat insoweit bereits entschieden, dass Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten geltend gemacht werden können, wenn ein Steuerpflichtiger nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung in der schon früher genutzten Wohnung erneut eine doppelte Haushaltsführung begründet.

Dem Steuerpflichtigen stehen auch in Fällen, in denen er seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und seine bisherige Wohnung in einen Zweithaushalt umwidmet, Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate zu. Denn in diesen Fällen wird die doppelte Haushaltsführung mit Umwidmung der bisherigen Wohnung des Steuerpflichtigen in einen Zweithaushalt begründet. Im Zeitpunkt der Umwidmung beginnt daher die Dreimonatsfrist für die Abzugsfähigkeit der Verpflegungsmehraufwendungen zu laufen. Für eine einschränkende Wortlautauslegung besteht kein Anlass. Vorliegend war der Kläger im Streitjahr an 53 Tagen ganztägig von der Familienwohnung abwesend. Entsprechend der in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG genannten Pauschale von 24 € für eine 24-stündige Abwesenheit beläuft sich die Gesamthöhe der Pauschalen damit auf 1.272 €.

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