Duldungsbescheid wegen auf Vorauszahlungsbescheid beruhender Steuerforderung
BFH v. 23.10.2018 - VII R 44/17Der Kläger hatte im Februar 2010 von seinem Vater ein Grundstück erworben. Da gegen diesen offene Steuerforderungen bestanden, erließ das Finanzamt am 31.1.2014 einen gegen den Kläger gerichteten, auf § 191 AO und § 4 AnfG gestützten Duldungsbescheid, mit dem der Kläger unter Angabe der im Einzelnen gegen seinen Vater bestehenden Steuerforderungen verpflichtet wurde, wegen der bezeichneten Forderungen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden oder zur Abwendung der Vollstreckung den Betrag zu entrichten.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Nach Ansicht des Gerichts sei der Duldungsbescheid aufzuheben, weil es sich bei den im Bescheid angegebenen Steuerforderungen zum Teil um Forderungen aus Vorauszahlungsbescheiden handele, weshalb insoweit die Vollstreckung gem. § 14 AnfG davon hätte abhängig gemacht werden müssen, dass die Vorauszahlungsbescheide durch rechtskräftige Jahresbescheide ersetzt und damit endgültig würden. Weder enthalte der angefochtene Duldungsbescheid eine solche Vollstreckungsklausel noch könne er um diese ergänzt werden. Auch komme keine Aufteilung nach den zugrunde liegenden Steuerrückständen in Betracht.
Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.
Gründe:
Das FG-Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht. Die Sache wird zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen, weil die Frage ungeprüft geblieben war, ob es sich bei der Übertragung des Grundstücks auf den Kläger um eine unentgeltliche Leistung des Schuldners i.S.d. § 4 Abs. 1 AnfG gehandelt hat.
Die Voraussetzungen des § 2 AnfG waren im Streitfall erfüllt, denn das Finanzamt hatte gegen den Vater des Klägers fällige Steuerforderungen aus vollstreckbaren Steuerbescheiden, die im Wege der Vollstreckung nicht haben beigetrieben werden können. Der Kläger hatte im Februar 2010 von seinem Vater ein Grundstück erworben. Da gegen diesen offene Steuerforderungen bestanden, erließ das Finanzamt einen gegen den Kläger gerichteten, auf § 191 AO und § 4 AnfG gestützten Duldungsbescheid, mit dem der Kläger unter Angabe der im Einzelnen gegen seinen Vater bestehenden Steuerforderungen verpflichtet wurde, wegen der bezeichneten Forderungen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden oder zur Abwendung der Vollstreckung den Betrag zu entrichten.
Nähme man daher an, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AnfG erfüllt sind, weil die Übertragung des Grundstücks eine unentgeltliche Leistung des Schuldners (des Vaters des Klägers) war, ist der Kläger verpflichtet, die Vollstreckung der Steuerforderungen in das übertragene Grundstück zu dulden, und war somit das Finanzamt berechtigt, den Kläger gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Duldungsbescheid in Anspruch zu nehmen. Den Umstand, dass der angefochtene Duldungsbescheid trotz dort aufgeführter, zum Teil auf Vorauszahlungsbescheiden beruhender Steuerforderungen keine Einschränkung i.S.d. § 14 AnfG enthielt, beeinträchtigte nicht seine Wirksamkeit. Bei einem nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel des Gläubigers oder einem unter Vorbehalt ergangenen Urteil ist nach dieser Vorschrift in dem Urteil, das den Anfechtungsanspruch für begründet erklärt, die Vollstreckung davon abhängig zu machen, dass die gegen den Schuldner ergangene Entscheidung rechtskräftig oder vorbehaltlos wird.
Die Vorschrift ist auf die Verfolgung des Anfechtungsanspruchs durch die Finanzbehörde im Wege eines Duldungsbescheids entsprechend anzuwenden, wobei noch nicht rechtsbeständige Steuerbescheide einem vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel und Vorauszahlungsbescheide einem unter Vorbehalt ergangenen Urteil gleichstehen. Deshalb ist bei einem sich aus einem Vorauszahlungsbescheid ergebenden Steueranspruch in analoger Anwendung des § 14 AnfG der Vorbehalt aufzunehmen, dass die Vollstreckung davon abhängt, dass die Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum, für den der Vorauszahlungsbescheid gilt, rechtsbeständig wird. Es handelt sich dabei um eine Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt in Gestalt einer Bedingung i.S. des § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO.
Fehlt im Duldungsbescheid, der wegen einer auf einem Vorauszahlungsbescheid beruhenden Steuerforderung erlassen wird, eine solche Bedingung, ist der Duldungsbescheid rechtswidrig. Gründe, den Verwaltungsakt in einem solchen Fall sogar als nichtig gem. § 125 Abs. 1 AO anzusehen, bestehen dagegen nicht. Verpflichtet dagegen der Duldungsbescheid - wie im Streitfall - den Anfechtungsgegner, die Vollstreckung zur Befriedigung mehrerer fälliger und vollstreckbarer Steuerforderungen zu dulden, die nur zum Teil auf einem Vorauszahlungsbescheid beruhen, und fehlt insoweit die gemäß § 14 AnfG aufzunehmende Bedingung, ist der Duldungsbescheid dementsprechend nur teilweise rechtswidrig.
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