Durchschnittsbesteuerung für Lieferung von Fruchtjoghurt aus selbst hergestelltem Joghurt und beigemischten Fruchtmischungen
BFH v. 27.9.2018 - V R 28/17Die Klägerin ist Landwirtin und wendete auf ihre Umsätze die Durchschnittssätze für Land- und Forstwirte nach § 24 Abs. 1 UStG an. Mit ihren Milchkühen produzierte sie ca. 650.000 Liter Milch, von denen sie rd. 10.000 Liter für ihre Joghurtproduktion verwendete. Dabei stellte sie in den Streitjahren 2008 und 2009 auch Fruchtjoghurt her, indem sie den von ihr hergestellten Joghurt mit zugekauften Fruchtmischungen vermischte. Der so hergestellte Fruchtjoghurt verfügte über einen Fruchtanteil von 14 %.
Die Klägerin sah in dem von ihr hergestellten Fruchtjoghurt ein landwirtschaftliches Erzeugnis, dessen Lieferung sie nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG versteuerte. Demgegenüber ging das Finanzamt im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, dass der Fruchtjoghurt als Erzeugnis einer sog. zweiten Verarbeitungsstufe anzusehen sei und daher kein landwirtschaftliches Erzeugnis vorliege. Das Finanzamt änderte die Steuerfestsetzungen für beide Streitjahre und ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin zur Anwendung von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf den von ihr gelieferten Fruchtjoghurt berechtigt ist.
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG setzt voraus, dass der Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs landwirtschaftliche Erzeugnisse liefert oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringt. Den landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse gleichgestellt, die aus bestimmten Verarbeitungstätigkeiten stammen. Denn Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL stellt den in Anhang VII zur Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten die Verarbeitungstätigkeiten gleich, die ein Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.
Vorliegend hat das FG zu Recht entschieden, dass die Herstellung von Fruchtjoghurt unter Verwendung zugekaufter Fruchtmischungen eine Verarbeitungstätigkeit eines Milchbauern ist, so dass die Lieferung des Fruchtjoghurts § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegt. Die Klägerin hat mit dem von ihr hergestellten Fruchtjoghurt ein landwirtschaftliches Erzeugnis geliefert, da es sich nicht nur bei der Herstellung des Joghurts, sondern auch bei der Herstellung des Fruchtjoghurts um eine Verarbeitungstätigkeit i.S.v. Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL handelte.
Die Klägerin hat nicht nur mit der Herstellung von Joghurt aus Milch, sondern auch mit der Beimischung des Fruchtzusatzes eine Verarbeitungstätigkeit ausgeübt. Gegenstand dieser Verarbeitungstätigkeiten waren im Wesentlichen aus der landwirtschaftlichen Produktion der Klägerin stammende Erzeugnisse. Haupterzeugnis war die Milch. Die Beimischung des zugekauften Fruchtzusatzes ist ohne Bedeutung. In Bezug auf die verarbeiteten Erzeugnisse besteht kein Ausschließlichkeitsgebot, nach dem nur aus der eigenen landwirtschaftlichen Produktion stammende Erzeugnisse verarbeitet werden dürfen, sondern nur ein Wesentlichkeitsgebot. Der hier hinzugegebene Fruchtgehalt von 14 % entspricht dem.
Die Klägerin hat die Verarbeitungstätigkeit auch mit Mitteln ausgeübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Entscheidend ist insoweit, dass die Beimischung nach den Feststellungen des FG händisch und nicht unter Einsatz industrieller und landwirtschaftsuntypischer Maschinen erfolgte. Eine weitergehende Einschränkung auf völlig unwesentliche oder nur transportbedingte Bearbeitungen oder auf das bloße Haltbarmachen lässt sich Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL nicht entnehmen.
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