07.09.2023

Durchschnittssatzbesteuerung nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes gilt nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Kurzbesprechung
BFH v. 22.3.2023 - XI R 14/21

UStG § 24; MwStSystRL Art. 295-305, Art. 17

Die Klägerin ist Landwirtin. Ihr land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand (Ziegen) befindet sich in Österreich. Die Klägerin wird in Österreich als pauschalbesteuerte Landwirtin geführt. In der Umsatzsteuererklärung errechnete die Klägerin eine Umsatz­steuer von 0 € für das Streitjahr. Sie erklärte steuerpflichtige Um­sätze nach § 24 UStG, für die keine Steuer zu entrichten sei. Das FA ging davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Inland nach Durchschnittssätzen ge­mäß § 24 UStG nicht vorliegen. Es unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.

Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Revision des FA war erfolgreich und führte zur Klageabweisung.

Die Entscheidung des FG verstoße gegen § 24 UStG. Das FG habe in Bezug auf § 24 UStG die sich aus der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ergebenden Ein­schränkungen nicht beachtet. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der Fassung des Streitjahres sei die Umsatzsteuer "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Be­triebs ausgeführten Umsätze" mit 10,7 % festzusetzen, wenn es sich nicht um Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei § 24 Abs. 1 UStG richtlinienkonform entsprechend den Art. 295 ff. MwStSystRL auszulegen. Entgegen der Auffassung des FG beziehe sich die Regelung des § 24 UStG in unionsrechtskonformer Auslegung allein auf inländische land- und forstwirt­schaftliche Unternehmer. Bei Beachtung der nach nationalem Recht anerkann­ten Auslegungsmethoden, die auch im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die nationalen Gerichte angewandt werden können, ergebe sich eine Anwendungsbeschränkung des § 24 UStG auf im Inland ansässige Land- und Forstwirte.

Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL bestehe der Sinn und Zweck der Pau­schalbesteuerung der Land- und Forstwirte darin, die Vorsteuerbelastung aus Vereinfachungsgründen pauschaliert auszugleichen. Hierzu hätten die Mitglied­staaten, die eine Pauschalregelung eingeführt haben, anhand von makroöko­nomischen Daten der letzten drei Jahre die Pauschalausgleichs-Prozentsätze zu bestimmen (Art. 298 Satz 1 MwStSystRL). Darüber hinaus dürften die Pau­schalausgleichs-Prozentsätze nicht dazu führen, dass es zu Erstattungen kommt (Art. 299 MwStSystRL).

Dieser Zweck werde mit einer Erfassung ausländischer Land- und Forstwir­te durch eine nationale Pauschalierungsregelung nicht erreicht. Diese Regelun­gen könnten - in sich schlüssig - nur auf Inbound-Fälle übertragen werden, wenn die Vorsteuerbelastungen (aufgrund makroökonomischer Datenauswer­tungen) des Landwirts eines anderen Mitgliedstaats (hier Österreich) den Vor­steuerbelastungen des inländischen Landwirts entsprächen. Nur dann wäre ei­ne Anwendung der Pauschalregelung (hier nach § 24 UStG) auf die vom zum Beispiel österreichischen Landwirt im Inland erzielten Umsätze ein Ausgleich für seine (pauschal berechnete) Vorsteuerbelastung. Da sich aber die Pau­schalausgleichs-Prozentsätze in einem anderen Mitgliedstaat von denen in Deutschland unterscheiden können und im Streitjahr auch unterschieden ha­ben, widerspräche die Anwendung des § 24 UStG auf diese Fälle dem Sinn und Zweck der Regelungen der MwStSystRL, die nur auf einen Ausgleich von den im jeweiligen Mitgliedstaat festgestellten Vorsteu­erbelastungen abzielen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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