Durchschnittssatzbesteuerung nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Kurzbesprechung
BFH v. 22.3.2023 - XI R 14/21
UStG § 24; MwStSystRL Art. 295-305, Art. 17
Die Klägerin ist Landwirtin. Ihr land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand (Ziegen) befindet sich in Österreich. Die Klägerin wird in Österreich als pauschalbesteuerte Landwirtin geführt. In der Umsatzsteuererklärung errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer von 0 € für das Streitjahr. Sie erklärte steuerpflichtige Umsätze nach § 24 UStG, für die keine Steuer zu entrichten sei. Das FA ging davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Inland nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG nicht vorliegen. Es unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Revision des FA war erfolgreich und führte zur Klageabweisung.
Die Entscheidung des FG verstoße gegen § 24 UStG. Das FG habe in Bezug auf § 24 UStG die sich aus der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ergebenden Einschränkungen nicht beachtet. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der Fassung des Streitjahres sei die Umsatzsteuer "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" mit 10,7 % festzusetzen, wenn es sich nicht um Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei § 24 Abs. 1 UStG richtlinienkonform entsprechend den Art. 295 ff. MwStSystRL auszulegen. Entgegen der Auffassung des FG beziehe sich die Regelung des § 24 UStG in unionsrechtskonformer Auslegung allein auf inländische land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Bei Beachtung der nach nationalem Recht anerkannten Auslegungsmethoden, die auch im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die nationalen Gerichte angewandt werden können, ergebe sich eine Anwendungsbeschränkung des § 24 UStG auf im Inland ansässige Land- und Forstwirte.
Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL bestehe der Sinn und Zweck der Pauschalbesteuerung der Land- und Forstwirte darin, die Vorsteuerbelastung aus Vereinfachungsgründen pauschaliert auszugleichen. Hierzu hätten die Mitgliedstaaten, die eine Pauschalregelung eingeführt haben, anhand von makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre die Pauschalausgleichs-Prozentsätze zu bestimmen (Art. 298 Satz 1 MwStSystRL). Darüber hinaus dürften die Pauschalausgleichs-Prozentsätze nicht dazu führen, dass es zu Erstattungen kommt (Art. 299 MwStSystRL).
Dieser Zweck werde mit einer Erfassung ausländischer Land- und Forstwirte durch eine nationale Pauschalierungsregelung nicht erreicht. Diese Regelungen könnten - in sich schlüssig - nur auf Inbound-Fälle übertragen werden, wenn die Vorsteuerbelastungen (aufgrund makroökonomischer Datenauswertungen) des Landwirts eines anderen Mitgliedstaats (hier Österreich) den Vorsteuerbelastungen des inländischen Landwirts entsprächen. Nur dann wäre eine Anwendung der Pauschalregelung (hier nach § 24 UStG) auf die vom zum Beispiel österreichischen Landwirt im Inland erzielten Umsätze ein Ausgleich für seine (pauschal berechnete) Vorsteuerbelastung. Da sich aber die Pauschalausgleichs-Prozentsätze in einem anderen Mitgliedstaat von denen in Deutschland unterscheiden können und im Streitjahr auch unterschieden haben, widerspräche die Anwendung des § 24 UStG auf diese Fälle dem Sinn und Zweck der Regelungen der MwStSystRL, die nur auf einen Ausgleich von den im jeweiligen Mitgliedstaat festgestellten Vorsteuerbelastungen abzielen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 24; MwStSystRL Art. 295-305, Art. 17
Die Klägerin ist Landwirtin. Ihr land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand (Ziegen) befindet sich in Österreich. Die Klägerin wird in Österreich als pauschalbesteuerte Landwirtin geführt. In der Umsatzsteuererklärung errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer von 0 € für das Streitjahr. Sie erklärte steuerpflichtige Umsätze nach § 24 UStG, für die keine Steuer zu entrichten sei. Das FA ging davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Inland nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG nicht vorliegen. Es unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt. Die Revision des FA war erfolgreich und führte zur Klageabweisung.
Die Entscheidung des FG verstoße gegen § 24 UStG. Das FG habe in Bezug auf § 24 UStG die sich aus der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ergebenden Einschränkungen nicht beachtet. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der Fassung des Streitjahres sei die Umsatzsteuer "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" mit 10,7 % festzusetzen, wenn es sich nicht um Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei § 24 Abs. 1 UStG richtlinienkonform entsprechend den Art. 295 ff. MwStSystRL auszulegen. Entgegen der Auffassung des FG beziehe sich die Regelung des § 24 UStG in unionsrechtskonformer Auslegung allein auf inländische land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Bei Beachtung der nach nationalem Recht anerkannten Auslegungsmethoden, die auch im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die nationalen Gerichte angewandt werden können, ergebe sich eine Anwendungsbeschränkung des § 24 UStG auf im Inland ansässige Land- und Forstwirte.
Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL bestehe der Sinn und Zweck der Pauschalbesteuerung der Land- und Forstwirte darin, die Vorsteuerbelastung aus Vereinfachungsgründen pauschaliert auszugleichen. Hierzu hätten die Mitgliedstaaten, die eine Pauschalregelung eingeführt haben, anhand von makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre die Pauschalausgleichs-Prozentsätze zu bestimmen (Art. 298 Satz 1 MwStSystRL). Darüber hinaus dürften die Pauschalausgleichs-Prozentsätze nicht dazu führen, dass es zu Erstattungen kommt (Art. 299 MwStSystRL).
Dieser Zweck werde mit einer Erfassung ausländischer Land- und Forstwirte durch eine nationale Pauschalierungsregelung nicht erreicht. Diese Regelungen könnten - in sich schlüssig - nur auf Inbound-Fälle übertragen werden, wenn die Vorsteuerbelastungen (aufgrund makroökonomischer Datenauswertungen) des Landwirts eines anderen Mitgliedstaats (hier Österreich) den Vorsteuerbelastungen des inländischen Landwirts entsprächen. Nur dann wäre eine Anwendung der Pauschalregelung (hier nach § 24 UStG) auf die vom zum Beispiel österreichischen Landwirt im Inland erzielten Umsätze ein Ausgleich für seine (pauschal berechnete) Vorsteuerbelastung. Da sich aber die Pauschalausgleichs-Prozentsätze in einem anderen Mitgliedstaat von denen in Deutschland unterscheiden können und im Streitjahr auch unterschieden haben, widerspräche die Anwendung des § 24 UStG auf diese Fälle dem Sinn und Zweck der Regelungen der MwStSystRL, die nur auf einen Ausgleich von den im jeweiligen Mitgliedstaat festgestellten Vorsteuerbelastungen abzielen.