Ein auf Geldzahlung gerichtetes Untervermächtnis ist auch bei vermächtnisweisem Erwerb einer begünstigten KG-Beteiligung in voller Höhe abziehbar
BFH 22.7.2015, II R 21/13Die Klägerin hatten aufgrund eines Vermächtnisses ihres im Juli 2007 verstorbenen Vaters 9/16 seines Anteils am Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG erhalten. Den restlichen Anteil erhielt ebenfalls vermächtnisweise ihr Bruder B. Mit den Vermächtnissen war die Ehefrau E. des Vaters als Alleinerbin beschwert. Die Klägerin und B. waren ihrerseits mit dem Untervermächtnis beschwert, an E. eine in entsprechender Anwendung des § 323 ZPO veränderliche lebenslange Versorgungsrente von monatlich 5.000 € zu zahlen.
Das Finanzamt besteuerte den Erwerb der Klägerin nach den Vorschriften des ErbStG, soweit die neuen Vorschriften nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG anwendbar waren. Die Behörde berücksichtigte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid die Steuervergünstigungen nach §§ 13a u. 13b ErbStG. Die von der Klägerin an E. zu zahlende Versorgungsrente bewertete es mit 320.190 € und beschränkte deren Abzug gem. § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG. Während des Klageverfahrens erhöhte das Finanzamt die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung von Vorerwerben (§ 14 ErbStG) auf 66.811 €. Für den Anteilserwerb im Wert von 2,7 Mio. € gewährte es die Steuervergünstigungen nach §§ 13a u. 13b ErbStG i.H.v. 2,2 Mio. €. Die Rentenschuld ließ es nur mit einem Teilbetrag von 52.167 € zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit zu.
Das FG wies die auf den ungekürzten Abzug der Rentenschuld gerichtete Klage mit der Begründung ab, diese stehe in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögenserwerb der Klägerin und sei daher gem. § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG nur anteilig als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Die Erbschaftsteuer wird auf 26.611 € herabgesetzt. Das FG hatte zu Unrecht angenommen, dass der Wert der Rentenverpflichtung nur zum Teil als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könne.
Nach § 10 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 ErbStG kann der Erwerber vom Wert des gesamten Vermögensanfalls die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen abziehen. Hierzu zählen auch Untervermächtnisse i.S.d. § 2186 BGB, mit denen ein Vermächtnisnehmer beschwert ist. Ist das Untervermächtnis auf die Zahlung von Geld gerichtet, ist die die sich aus dem Untervermächtnis ergebende Schuld auch dann in voller Höhe vom Wert des Vermächtnisses abzuziehen, wenn das Vermächtnis auf den nach § 13a ErbStG begünstigten Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft gerichtet ist. § 10 Abs. 6 ErbStG begründet keine Einschränkung dieses Abzugs.
Hätte der Gesetzgeber anordnen wollen, dass sämtliche Nachlassverbindlichkeiten, die nicht in einem konkreten wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmten zum Nachlass gehörenden aktiven Vermögensgegenständen oder Vermögen stehen, nur mit dem Anteil abzugsfähig sind, der dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Steuerwerte der steuerpflichtigen Vermögensgegenstände zum entsprechenden Wert des steuerfreien Vermögens entspricht, hätte er dies anordnen können und müssen. Für eine derartige Aufteilung durch die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung findet sich in § 10 Abs. 6 ErbStG keine Rechtsgrundlage. Der Wortlaut des § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG betrifft nur den Fall, dass nach Anwendung des § 13a ErbStG ein anzusetzender Wert des nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögens verbleibt.
Davon geht im Grundsatz auch die Finanzverwaltung aus. Nach R 31 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2003 und R E 10.10 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2011 besteht "bei anderen allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten" kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen. Diese allgemeinen Nachlassverbindlichkeiten sind daher auch dann in voller Höhe abziehbar, wenn zum Erwerb von Todes wegen ganz oder teilweise steuerbefreite Vermögensgegenstände oder Vermögen i.S.d. § 10 Abs. 6 S. 1, 3, 4 oder 5 ErbStG gehören.
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