Ein zum Einspruchsverfahren einer GmbH hinzugezogener Gesellschafter kann nicht gegen Schenkungsteuerbescheid klagen
BFH 4.3.2015, II R 1/14Der Kläger war Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungs-GmbH. Neben dem Gesellschaftsvertrag hatten die GmbH-Gesellschafter einen Poolvertrag abgeschlossen. Dessen Gegenstand war die Regelung des Verhältnisses der GmbH-Gesellschafter untereinander und die gemeinschaftliche Ausübung der Gesellschafterrechte in der GmbH. Ein GmbH-Gesellschafter hatte 2005 seinen Geschäftsanteil aus Altersgründen auf Grundlage des dem Poolvertrag als Anlage beigefügten, aufschiebend bedingten Kaufvertrags gegen einen Kaufpreis von 50.000 € auf den Pooltreuhänder übertragen.
Das Finanzamt nahm an, dass die Übertragung nach § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG bei der Beigeladenen der Schenkungsteuer unterliege, und setzte gegen die GmbH Schenkungsteuer fest. Dagegen erhob diese Einspruch, woraufhin das Finanzamt den Kläger und die anderen Gesellschafter gem. § 174 Abs. 5 S. 2 AO zum Einspruchsverfahren hinzuzog und die Schenkungsteuer gegen die GmbH erhöhte.
Der Kläger erhob gegen den Schenkungsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung Klage. Das FG lud die GmbH gem. § 60 Abs. 3 S. 1 FGO zu dem Klageverfahren notwendig bei. Das Finanzamt setzte daraufhin die Schenkungsteuer gegenüber der GmbH herab. Das FG gab der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage des Klägers mit der Begründung statt, die Klage sei zulässig. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Die Klage war entgegen der Ansicht des FG unzulässig. Der Kläger war durch den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung nicht i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO beschwert.
Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt. Der gem. § 174 Abs. 5 S. 2 AO durch die Finanzbehörde zum Einspruchsverfahren hinzugezogene Dritte erlangt zwar im Einspruchsverfahren die Stellung eines Verfahrensbeteiligten. Die Hinzuziehung begründet aber für sich betrachtet nicht die Klagebefugnis des Hinzugezogenen.
Eine Rechtsverletzung des Hinzugezogenen i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO liegt vielmehr vor, wenn er durch die Einspruchsentscheidung formell und materiell-rechtlich beschwert ist. Die formelle Beschwer setzt voraus, dass der Hinzugezogene Anträge im Verfahren des Hauptbeteiligten stellt und diese Anträge zurückgewiesen werden. Entgegen der Ansicht des FG genügt es jedoch nicht, dass dem Einspruchsbegehren des Hauptbeteiligten nicht entsprochen wurde.
Sieht die Finanzbehörde den angefochtenen Steuerbescheid als rechtmäßig an und weist es daher den Einspruch des Hauptbeteiligten als unbegründet zurück, beschwert die Einspruchsentscheidung den hinzugezogenen Dritten materiell-rechtlich nicht. Das Finanzamt kann in diesem Fall nicht gem. § 174 Abs. 4 u. 5 AO aus der Einspruchsentscheidung den Dritten belastende Folgerungen ziehen. Dass eine Klage des Hauptbeteiligten gegen den Steuerbescheid Erfolg haben könnte, begründet abweichend von der Auffassung des FG ebenfalls nicht die Klagebefugnis des Dritten. Die Beschwer des Hinzugezogenen i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO muss sich aus der Einspruchsentscheidung selbst ergeben. Diese ist zusammen mit der Steuerfestsetzung aufzuheben, wenn die Anfechtungsklage des Hauptbeteiligten Erfolg hat. Die von der Finanzbehörde in der Einspruchsentscheidung vertretenen Ansichten sind dann gegenstandslos. Sie können daher keine bindende Wirkung zulasten der zum Einspruchsverfahren hinzugezogenen Dritten entfalten.
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