Eine in Vollzeit ausgeübte Tätigkeit als angestellter Syndikus-Steuerberater ist mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar
BFH 9.8.2011, VII R 2/11Der Kläger übt eine Angestelltentätigkeit als Steuerreferent bei der X-AG aus und nimmt dort Aufgaben im Bereich Controlling und Steuern wahr. Seine frühere Bestellung als Steuerberater ist am 1.8.2007 durch Verzicht erloschen. Im Juli 2009 beantragte der Kläger seine Wiederbestellung als Steuerberater.
Er legte dabei Bescheinigungen seines Arbeitgebers X-AG vor, aus denen u.a. hervorgeht, dass er berechtigt ist, neben seiner Tätigkeit als Angestellter den Beruf des Steuerberaters auszuüben, "seine Dienstzeiten innerhalb der Flexibilisierungs-Bandbreiten einzuteilen" und geleistete Überstunden jederzeit als Freizeitausgleich abzubauen.
Die beklagte Steuerberaterkammer lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger übe eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Tätigkeit aus, da er durch sein Arbeitsverhältnis an einer berufskonformen Ausübung des Steuerberaterberufs gehindert werde. Gegen den ablehnenden Bescheid wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Vollzeitbeschäftigung als Syndikus-Steuerberater werde den Kläger in seiner ihm als Steuerberater obliegenden Pflicht zur unabhängigen Berufsausübung beeinträchtigen, weil er den Steuerberaterberuf nicht in nennenswertem Umfang, sondern lediglich als "Feierabendsteuerberater" ausüben könne. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf, gab der Klage statt und verpflichtete die Beklagte, den Kläger als Steuerberater wiederzubestellen.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Wiederbestellung als Steuerberater nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 2 StBerG. § 48 Abs. 2 i.V.m. § 40 Abs. 3 Nr. 2 StBerG, wonach die Wiederbestellung zu versagen ist, solange der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar ist (§ 57 Abs. 4 StBerG), stehen der Wiederbestellung nicht entgegen.
Durch die Tätigkeit des Klägers als Angestellter der X-AG wird seine Pflicht zur unabhängigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung (§ 58 Satz 2 Nr. 5a S. 2 StBerG) nicht beeinträchtigt. Das FG hat dieser Regelung zu Unrecht entnommen, dass ein Syndikus tatsächlich und rechtlich in der Lage sein muss, eine Tätigkeit als selbständiger Steuerberater nicht nur gelegentlich als Feierabend-Steuerberater auszuüben.
Eine Tätigkeit als selbständiger Steuerberater in nennenswertem Umfang kann nicht gefordert werden. Ebenso wie der hauptberufliche Steuerberater an Mindestarbeitszeiten nicht gebunden ist, sondern den Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen darf, kann der neben seiner Angestelltentätigkeit tätige Steuerberater den Umfang dieser Tätigkeit der ihm für den Nebenberuf zur Verfügung stehenden Zeit anpassen.
Die Ansicht des FG, der Gesetzgeber habe einen "Feierabend-Steuerberater" nicht gewollt, findet weder im Gesetzeswortlaut noch in der Gesetzesbegründung einen Anhaltspunkt. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der 2008 in Kraft getretenen Änderung des StBerG die Angestelltentätigkeit als Syndikus-Steuerberater ohne eine Vorgabe zu ihrem Umfang als mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar angesehen. Daher kann dieser sowohl haupt- als auch nebenberuflich ausgeübt werden.
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