06.08.2018

Eine nur nach ausländischem Recht zulässige Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses führt zu einer Zuwendung durch den Erben

Eine - nach britischem Recht zulässige - nach dem Tod des Erblassers abweichend vom Testament getroffene Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses ("Deed of Variation") stellt eine freigiebige Zuwendung durch den Erben dar. Die nach britischem Recht auf den Todestag der Erblasserin zurück zu beziehende "Deed of Variation" ist nach deutschem Recht nicht zulässig; sie ist vielmehr mit einer Abtretung nach § 2033 BGB vergleichbar.

FG Münster 12.4.2018, 3 K 2050/16 Erb
Der Sachverhalt:

Der Kläger ist Enkel der Erblasserin, einer britischen Staatsangehörigen, die in Spanien lebte. Sie hatte als Alleinerben ihren Sohn, den Vater des Klägers, eingesetzt. Nach dem Tod der Großmutter machte der Vater von der nach britischem Recht bestehenden Möglichkeit Gebrauch, eine von der Erbfolge abweichende schriftliche Vereinbarung über die Verteilung des Nachlasses gemeinsam mit dem "personal representative" (vergleichbar mit Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter) abzuschließen. Danach erhielten der Kläger und sein Bruder Anteile an den im Nachlass befindlichen Grundstücken. Der gesamte Nachlass wurde in Großbritannien versteuert.

Das inländische Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger eine Schenkung von seinem Vater erhalten habe und setzte Schenkungsteuer ohne Anrechnung britischer Erbschaftsteuer fest. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass ihm sein Vater kein eigenes Vermögen zugewandt habe, sondern Vermögen der Erblasserin.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Die Gründe:

Das Finanzamt hat zu Recht das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung an den Kläger bejaht. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Hier liegt eine unentgeltliche Zuwendung an den Kläger von seinem Vater vor. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt kein Erwerb des Klägers gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG von Todes wegen von seiner Großmutter, der Erblasserin, vor.

Die nach britischem Recht auf den Todestag der Erblasserin zurück zu beziehende "Deed of Variation" ist nach deutschem Recht nicht zulässig. Die in der Deed of Variation enthaltene Regelung ist ein ähnliches Rechtsinstitut wie die Abtretung. Nach § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB kann jeder Miterbe über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen, nicht aber über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Die Abtretung erfolgt wie die Regelung in der Deed of Variation durch Vertrag. Durch die Abtretung kann auch über einen Teil der Erbschaft verfügt werden. Der Erbteil kann durch Abtretung einer bestimmten Person zugewandt werden. Da die Deed of Variation mit der Abtretung vergleichbar ist, liegen zwei getrennt zu behandelnde Erwerbe vor, zum einen der Erwerb von Todes wegen (Erblasserin an Erben, d.h. Vater des Klägers) und die freigebige Zuwendung an den Kläger von dem Zuwendendem, seinem Vater.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Deed of Variation nicht wie eine nach deutschem Recht zulässige Ausschlagung gegen Abfindung zu qualifzieren, weil sich eine Ausschlagung nur auf die gesamte Erbschaft, nicht aber auf einen Teil davon beziehen kann. Darüber hinaus kann der Ausschlagende nicht bestimmen, dass ein anderer die Erbschaft erhalten soll. Schließlich entspricht die "Deed of Variation" auch nicht einem Erbvertrag oder einem Erbvergleich, weil hierin Regelungen zwischen den Erben getroffen werden. Dritte werden danach nicht zu Erben. Da der Kläger nach deutschem Steuerrecht nicht als Erbe, sondern als Beschenkter anzusehen ist, kommt eine Anrechnung der britischen Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG nicht in Betracht.

Linkhinweis:

FG Münster NL vom 16.7.2018
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