Eine tatsächlich nicht erbrachte Überführungsleistung führt nicht zu einem nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zu bewertenden Vorteil
Kurzbesprechung
BFH v. 16.1.2020 - VI R 31/17
EStG § 8 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1
Vorteile i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind auch solche, die einem Arbeitnehmer daraus entstehen, dass ihm sein Arbeitgeber selbst produzierte Fahrzeuge zu besonderen Mitarbeiterkonditionen aufgrund des Dienstverhältnisses verbilligt überlässt. Denn in diesem Fall vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nur den Kauf eines Kraftfahrzeugs, sondern treffen auch eine besondere Preisabsprache, die im Umfang der Verbilligung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis haben kann. Wird der Vorteil der Verbilligung "für" eine Beschäftigung gewährt, ist er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und insoweit Lohn. Dies ist der Fall, soweit Preisnachlässe nicht auch im normalen Geschäftsverkehr erzielt werden können.
Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Die Vergünstigung des § 8 Abs. 3 EStG gilt dabei nur für Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber als eigene herstellt, vertreibt oder erbringt.
Der lohnsteuerrechtlich erhebliche, durch einen Personalrabatt veranlasste geldwerte Vorteil bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht nach dem allgemeinen Marktpreis, sondern nach dem Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Das ist der "Angebotspreis", d.h. derjenige, der am Ende von Verkaufsverhandlungen und unter Berücksichtigung üblicherweise eingeräumter Rabatte als letztes Angebot des Händlers steht.
"Endpreise" i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG sind dabei keine typisierten und pauschalierten Werte, wie etwa der "inländische Listenpreis" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, sondern bestimmen sich vielmehr auch nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr.
Der Endpreis in § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG stellt auf den Endpreis für die konkret zu bewertende Leistung ab. Werden mehrere Leistungen zugewandt, ist für jede Leistung gesondert eine Verbilligung und ein damit einhergehender Vorteil zu ermitteln. Fracht-, Liefer- und Versandkosten gehören nicht zum Endpreis i.S. der Norm, weil es sich hierbei nicht um die Gegenleistung des Letztverbrauchers für die Ware handelt. Liefert der Arbeitgeber die Ware beispielsweise in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor, deren Kosten nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts erhöhen, sondern vielmehr einen gesonderten Sachbezug begründen. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte das FG die streitigen Überführungskosten zu Unrecht als Arbeitslohn angesehen und in die Bewertung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG einbezogen, weil sich durch die Auslieferung der verbilligt erworbenen Fahrzeuge kein zusätzlicher geldwerter Vorteil i.S. einer "Überführung" ergeben hatte. Denn bei der Auslieferung von Fahrzeugen an den deutschen Werksstandorten oder am Versandzentrum waren Überführungskosten tatsächlich nicht angefallen. Insbesondere rechnen Kosten, die (noch) im Rahmen der Produktion durch die Auslieferung von den einzelnen in- und ausländischen Produktionsstätten zu einem Versandzentrum und auch von einem Werk zum anderen anfallen, zu den Herstellungskosten des Fahrzeugs. Sie sind damit im empfohlenen Listenpreis enthalten. "Überführungskosten" im hier streitigen Sinn fallen demgegenüber erst für die Lieferung eines Fahrzeugs von einem Versandzentrum zu einer Niederlassung oder zu einem Händler an. Diese sind somit nicht Teil des Listenpreises für das Fahrzeug, sondern werden dem Endkunden separat in Rechnung gestellt.
Die Überführung eines Fahrzeugs von einem Versandzentrum zu einer Niederlassung ist damit - ebenso wie die Lieferung einer Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers - eine zusätzliche Leistung der Steuerpflichtigen an ihre Mitarbeiter, deren Kosten nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts (Fahrzeug) erhöht und damit auch nicht zum Endpreis i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zählt, sondern die vielmehr ggf. einen gesonderten Sachbezug begründet.
Da in den streitigen Fällen Überführungen gerade nicht stattgefunden hatten, war den Mitarbeitern aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses insoweit auch kein Vorteil zugeflossen, der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zu bewerten wäre.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 8 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1
Vorteile i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind auch solche, die einem Arbeitnehmer daraus entstehen, dass ihm sein Arbeitgeber selbst produzierte Fahrzeuge zu besonderen Mitarbeiterkonditionen aufgrund des Dienstverhältnisses verbilligt überlässt. Denn in diesem Fall vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nur den Kauf eines Kraftfahrzeugs, sondern treffen auch eine besondere Preisabsprache, die im Umfang der Verbilligung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis haben kann. Wird der Vorteil der Verbilligung "für" eine Beschäftigung gewährt, ist er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und insoweit Lohn. Dies ist der Fall, soweit Preisnachlässe nicht auch im normalen Geschäftsverkehr erzielt werden können.
Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).
Die Vergünstigung des § 8 Abs. 3 EStG gilt dabei nur für Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber als eigene herstellt, vertreibt oder erbringt.
Der lohnsteuerrechtlich erhebliche, durch einen Personalrabatt veranlasste geldwerte Vorteil bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht nach dem allgemeinen Marktpreis, sondern nach dem Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Das ist der "Angebotspreis", d.h. derjenige, der am Ende von Verkaufsverhandlungen und unter Berücksichtigung üblicherweise eingeräumter Rabatte als letztes Angebot des Händlers steht.
"Endpreise" i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG sind dabei keine typisierten und pauschalierten Werte, wie etwa der "inländische Listenpreis" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, sondern bestimmen sich vielmehr auch nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr.
Der Endpreis in § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG stellt auf den Endpreis für die konkret zu bewertende Leistung ab. Werden mehrere Leistungen zugewandt, ist für jede Leistung gesondert eine Verbilligung und ein damit einhergehender Vorteil zu ermitteln. Fracht-, Liefer- und Versandkosten gehören nicht zum Endpreis i.S. der Norm, weil es sich hierbei nicht um die Gegenleistung des Letztverbrauchers für die Ware handelt. Liefert der Arbeitgeber die Ware beispielsweise in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor, deren Kosten nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts erhöhen, sondern vielmehr einen gesonderten Sachbezug begründen. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte das FG die streitigen Überführungskosten zu Unrecht als Arbeitslohn angesehen und in die Bewertung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG einbezogen, weil sich durch die Auslieferung der verbilligt erworbenen Fahrzeuge kein zusätzlicher geldwerter Vorteil i.S. einer "Überführung" ergeben hatte. Denn bei der Auslieferung von Fahrzeugen an den deutschen Werksstandorten oder am Versandzentrum waren Überführungskosten tatsächlich nicht angefallen. Insbesondere rechnen Kosten, die (noch) im Rahmen der Produktion durch die Auslieferung von den einzelnen in- und ausländischen Produktionsstätten zu einem Versandzentrum und auch von einem Werk zum anderen anfallen, zu den Herstellungskosten des Fahrzeugs. Sie sind damit im empfohlenen Listenpreis enthalten. "Überführungskosten" im hier streitigen Sinn fallen demgegenüber erst für die Lieferung eines Fahrzeugs von einem Versandzentrum zu einer Niederlassung oder zu einem Händler an. Diese sind somit nicht Teil des Listenpreises für das Fahrzeug, sondern werden dem Endkunden separat in Rechnung gestellt.
Die Überführung eines Fahrzeugs von einem Versandzentrum zu einer Niederlassung ist damit - ebenso wie die Lieferung einer Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers - eine zusätzliche Leistung der Steuerpflichtigen an ihre Mitarbeiter, deren Kosten nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts (Fahrzeug) erhöht und damit auch nicht zum Endpreis i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zählt, sondern die vielmehr ggf. einen gesonderten Sachbezug begründet.
Da in den streitigen Fällen Überführungen gerade nicht stattgefunden hatten, war den Mitarbeitern aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses insoweit auch kein Vorteil zugeflossen, der nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG zu bewerten wäre.