21.09.2023

Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm daher kein Abzugsrecht zu.

Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 20.7.2023 - V R 13/21

UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2
EGRL 112/2006 Art 167, 112/2006 Art 168 Buchst a, 112/2006 Art 168 Buchst e
AEUV Art 267


Streitig war die Berechtigung der Steuerpflichtigen, die von ihr als indirekte Zollvertreterin geschuldete Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) als Vorsteuer abzuziehen.

Der BFH entschied, dass das FG im Streitfall zurecht davon ausgegangen war, dass die Steuerpflichtige, die in Bezug auf die eingeführten Gegenstände lediglich Verzollungs- und gegebenenfalls Beförderungsdienstleistungen erbracht hatte, aus der gegen sie festgesetzten EUSt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG kann der Unternehmer die entstandene EUSt für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für die Einfuhr von Gegenständen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Das Verwendungserfordernis ist für alle Fälle des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG nach denselben Kriterien zu bestimmen.

Erforderlich ist, dass "der Wert der beförderten Waren" ‑ und damit der Wert des eingeführten Gegenstandes ‑ in den Preis der vom Unternehmer erbrachten Leistung einfließen muss. Der Abzug der EUSt als Vorsteuer ist daher für den Unternehmer zu verneinen, der eingeführte Gegenstände lediglich befördert, ohne "deren Einführer oder Eigentümer" zu sein.

Als Importeur ist dabei insbesondere die Person anzusehen, die aufgrund der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr Zollschuldner in Bezug auf den eingeführten Gegenstand ist. Als Schuldner der EUSt im Sinne von § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 77 Abs. 3 UZK ist er jedoch auch dann nicht zum Abzug der EUSt als Vorsteuer berechtigt, wenn er zwar den eingeführten Gegenstand in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, er aber nicht den Wert des eingeführten Gegenstandes für sein Unternehmen verwendet, so dass dieser Wert auch nicht in den Preis der von ihm erbrachten Leistung einfließt. Der Wert des eingeführten Gegenstandes muss daher zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG gehören, damit die auf diesen Wert bezogene EUSt zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird.

Erbringt der Unternehmer dagegen - wie im Streitfall - in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm kein Abzugsrecht zu.

Der BFH stellte heraus, dass die EUSt im Streitfall nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes der Steuerpflichtigen gehörte, da es schon keinen Ausgangsumsatz gab, der mit der Entstehung der EUSt auch nur kausal zusammenhängen könnte. Entscheidend war, dass die Steuerpflichtige ebenso wie ein Frachtführer oder Lagerhalter den eingeführten Gegenstand nicht zur Erbringung einer Ausgangsleistung (z.B. Beförderungs- oder Verzollungsdienstleistung) verwendet hatte, sondern der eingeführte Gegenstand lediglich das Objekt war, an dem die Steuerpflichtige ihre Leistung erbracht hatte.

Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts, die ein an den EuGH gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen erforderlich machen könnten, hat der BFH ausdrücklich verneint.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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