Einheitsbewertung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bei Deckhengsthaltung
BFH 6.5.2015, II R 9/13Die Klägerin betreibt auf eigenen und gepachteten Flächen mit eigenen Stuten eine Pferdezucht und bildet die Jungpferde aus. Für die Zucht hält sie zwei eigene Deckhengste, deren Samen über den eigenbetrieblichen Bedarf hinaus über eine fremde Besamungsstation vermarktet wird. Zusätzlich werden die Hengste im Pferdesport als Dressurpferde eingesetzt. Die baulichen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Besamungsstation sind im Betrieb der Klägerin zwar gegeben; die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen für deren Betrieb hat die Klägerin aber bisher nicht geschaffen. Sie nutzt die Station auch tatsächlich weder für die eigenen noch für fremde Tiere.
Das Finanzamt stellte den Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auf den 1.1.2006 auf 15.031 € fest. Dabei erfasste es die Erträge aus der Deckhengsthaltung in Form eines Einzelertragswerts gem. § 37 Abs. 2 BewG. Die Klägerin beantragte im Juli 2010 eine fehlerberichtigende Wertfortschreibung des Einheitswerts auf den 1.1.2010. Sie war der Ansicht, die Deckhengsthaltung dürfe nicht im Wege eines Einzelertragswerts erfasst werden, da es sich nicht um einen Nebenbetrieb oder eine Sondernutzung i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1e BewG handle. Die Deckhengsthaltung sei als Vatertierhaltung vielmehr ein integrierter Bestandteil der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin erhalte für die Lieferung der Samen von der Besamungsstation einen bestimmten Anteil an den vereinnahmten Vergütungen. Für die Deckhengsthaltung sei gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1e i.V.m. § 37 Abs. 2 u. § 62 BewG ein Einzelertragswert anzusetzen.
Das FG verpflichtete das Finanzamt dazu, den Einheitswert im Wege einer fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung auf den 1.1.2010 dergestalt zu ändern, dass für die Erträge aus der Deckhengsthaltung kein Einzelertragswert angesetzt wird. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes blieb erfolglos.
Gründe:
Die Voraussetzungen für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung waren für den Bewertungsstichtag 1.1.2010 erfüllt. Das FG hatte zu Recht angenommen, dass die Deckhengsthaltung weder zum ursprünglichen Bewertungszeitpunkt 1.1.2006 noch zum Fortschreibungszeitpunkt 1.1.2010 als sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1e i.V.m. § 62 Abs. 1 BewG anzusehen war und auch kein Nebenbetrieb vorlag und dass deshalb für die Erträge aus der Deckhengsthaltung kein Einzelertragswert gem. § 37 Abs. 2 BewG anzusetzen war.
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören gem. § 33 Abs. 1 S. 1 BewG nach näherer Maßgabe des § 33 Abs. 2 u. 3 BewG alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft umfasst dabei nach § 34 Abs. 1 BewG den Wirtschaftsteil und den Wohnteil. Zum Wirtschaftsteil gehören u.a. die landwirtschaftliche Nutzung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1a BewG sowie die sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung gem. § 34 Abs. 2 Nr. 1e BewG. Beispiele für die sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung sind in § 62 Abs. 1 BewG geregelt.
Pferde gehören danach zu den Tierarten, deren Haltung und Zucht zur landwirtschaftlichen Nutzung zählt, wenn die im Betrieb gehaltenen Tiere gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel eine ausreichende Futtergrundlage haben. Auf die konkrete Verwendung der Pferde oder den Verwendungszweck kommt es nicht an. Eine Deckhengsthaltung, die gemessen am Flächenschlüssel gem. § 51 Abs. 1a BewG auf einer ausreichenden Futtergrundlage erfolgt, ist demnach auch dann der landwirtschaftlichen Nutzung i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1a BewG zuzurechnen, wenn der Pferdesamen in einer betriebsfremden Besamungsstation gewonnen wird und die Hengste im Pferdesport als Dressurpferde verwendet werden. Die Deckhengsthaltung kann entgegen der Ansicht der Finanzbehörde dem Betrieb einer Besamungsstation bewertungsrechtlich nicht gleichgestellt werden.
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