04.08.2014

Einkommensteuer: Zum Zufluss bei bestrittener Aufrechnung mit Fremdgeld

Spätestens wenn ein Rechtsanwalt die Rechnung an seine Mandantin gestellt und den Restbetrag des verwahrten Geldes an sie ausgekehrt hat, gibt er seinen Fremdbesitzerwillen für den streitgegenständlichen Betrag auf und verwendet das Geld für eigene Zwecke. In diesem Fall durchbricht er die innere Verbindung zwischen der Einnahme und der Ausgabe.

FG Köln 5.6.2014, 15 K 2605/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 EStG. Zwischen 2004 und 2006 vertrat er Frau A. in einer Vaterschaftsangelegenheit. Beide schlossen ein Mandatsübernahmevertrag ab, worin ein Stundenlohn und ein Erfolgshonorar vereinbart wurden, sowie das Recht des Klägers, Geld aus dem Rechtsstreit für die Mandantin entgegenzunehmen, davon sein Honorar abzuziehen und unverzüglich an die Mandantin auszuzahlen. Außerdem wurde die Geltung französischen Rechts vereinbart.

Nach einem gerichtlichen Vergleich nahm der Kläger für seine Mandantin im Januar 2006 einen Geldbetrag i.H.v. 1,5 Mio. € entgegen. Das Geld ging sogleich auf ein Geschäftskonto des Klägers ein, das nicht als Anderkonto oder Fremdgeldkonto geführt wurde. Am gleichen Tag erteilte der Kläger seiner Mandantin eine Rechnung über 527.800 €. Den (rechnerischen Differenz-) Betrag von 972.200 € zahlte er an sie aus. Den Rechnungsbetrag verbuchte er als Erlös und deklarierte ihn in seiner Umsatzsteuervoranmeldung als umsatzsteuerpflichtigen Umsatz. Am 19.1.2006 überwies er ihn auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto. Am 10.11.2006 verbuchte der Kläger eine Privatentnahme i.H.v. 480.000 €.

Im Laufe des Streitjahres 2006 kam es zwischen dem Kläger und seiner Mandantin zu einem Streit über die Abrechnung des Mandatsverhältnisses. Der Kläger berief sich auf die Vereinbarung eines Erfolgshonorars i.H.v. 527.800 € (455.000 € zzgl. 72.800 € Umsatzsteuer). Die Mandantin bestritt die Forderung. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 5.11.2009 schlossen beide Parteien einen Vergleich, nach dem die Geltung deutschen Rechts vereinbart wurde.

Nach einer Betriebsprüfung beim Kläger vertrat  das Finanzamt die Ansicht, der Gewinn sei im Streitjahr um 527.800 € zu erhöhen und erließ einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2006. Dementsprechend erließ die Behörde auch einen geänderten Umsatzsteuerbescheid und setzte darin die Umsatzsteuer auf 140.230 € fest. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Geld war im Januar 2006 als Betriebseinnahme beim Kläger zu erfassen, so wie der Kläger es auch richtigerweise zunächst selbst in der Umsatzsteuervoranmeldung erklärt hatte.

Im vorliegenden Fall fehlte es an der Verklammerung zwischen der Einnahme im Streitjahr und der Ausgabe durch Aufrechnung im Jahr 2009. Zwar hatte der Kläger den Betrag von insgesamt 1,5 Mio. €, und somit auch den streitgegenständlichen Teilbetrag in Höhe von 527.800 €, zunächst im Namen seiner Mandantin und für deren Rechnung vereinnahmt. Aus diesem Grund hatte er das Geld zunächst auch als Zahlung eines Dritten und somit als Fremdgeld verbucht. Jedoch hatte der Kläger die innere Verbindung zwischen der Einnahme und der Ausgabe bereits vor dem Vergleich vor dem LG durchbrochen. Denn spätestens nachdem er die Rechnung an seine Mandantin gestellt und den Restbetrag des verwahrten Geldes an sie ausgekehrt hatte, hat er seinen Fremdbesitzerwillen für den streitgegenständlichen Betrag aufgegeben und das Geld für eigene Zwecke verwendet.

Spätestens indem der Kläger den Betrag von 527.800 € von seinem betrieblichen Girokonto auf ein verzinsliches, betriebliches Festgeldkonto transferiert hatte, hat er auf das Fremdgeld zugegriffen und es für eigene betriebliche Zwecke verwendet. Er hat das Geld in der Absicht transferiert, für sich Zinseinnahmen zu generieren. Damit hat er allein im eigenbetrieblichen Interesse gehandelt und einen Fremdbesitzerwillen aufgegeben. Da der Kläger die Betriebseinnahme bereits im Januar 2006 erzielt hatte, war es nicht entscheidungserheblich, dass der Kläger im November des Streitjahres einen Betrag von 480.000 € als Privatentnahme verbuchte. Er hatte damit eigenbetriebliches Geld für private Zwecke entnommen.

Auf die höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, ob eine Entnahme unmittelbar aus dem Fremdbetriebsvermögen, das bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen ist, möglich ist, kam es somit nicht an. Auch die Frage, ob bereits jede verspätete und damit pflichtwidrige Auszahlung von Mandantengeldern zu Betriebseinnahmen führt, woran der BFH auch aus der Sicht des Senats berechtigte Zweifel geäußert hat, konnte hier ebenfalls offen bleiben. Schließlich hatte der Kläger bewusst mit Eigenbesitzwillen auf das Mandantengeld zugegriffen und es für sich verwendet, indem er es zur Erzielung von betrieblichen Zinseinnahmen auf ein Festgeldkonto angelegt hat.

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