23.12.2013

Einkommensteuererklärung: Zum Merkmal der Eigenhändigkeit einer - lediglich als Telekopie übermittelten - Unterschrift

Das Merkmal der Eigenhändigkeit einer Unterschrift bei der Einkommensteuererklärung ist auch dann erfüllt, wenn die Unterschrift dem Finanzamt nicht im Original vorgelegt, sondern lediglich als Kopie (Telefax) übermittelt wird. Dies gilt auch dann, wenn dem Steuerpflichtigen bei der Unterschriftsleistung nur Teile der Erklärung körperlich vorgelegen haben, soweit festgestellt werden kann, dass er zuvor Kenntnis vom Inhalt der gesamten Erklärung genommen hat.

Schleswig-Holsteinisches FG 19.9.2013, 1 K 166/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Jahr 2007 als Lehrerin tätig und erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am 28.12.2011 erstellte die von der Klägerin beauftragte Steuerberaterin die - komprimierte - Einkommensteuererklärung 2007 der Klägerin und warf diese in den Briefkasten der urlaubsbedingt abwesenden Klägerin ein. Die Tochter der Klägerin fand die Erklärung dort und informierte die Klägerin über deren Eingang.

Die Klägerin nahm am 29.12.2012 telefonischen Kontakt zu ihrer Steuerberaterin auf und tauschte sich mit dieser im Rahmen eines etwa eineinhalbstündigen Telefonats über den Inhalt der Erklärung aus. Dabei vergewisserte sich die Klägerin, die die Belege für die Erklärung selbst zusammengestellt hatte, dass in der Erklärung die zutreffenden Beträge angesetzt worden waren. Im Anschluss teilte die Klägerin ihrer Tochter mit, dass die Steuererklärung bei dem Finanzamt eingereicht werden könne.

Daraufhin faxte diese die erste Seite der Erklärung an den Urlaubsort der Klägerin. Auf dieser leistete die Klägerin ihre Unterschrift und faxte das Blatt zurück an ihre Tochter. Letztere reichte am 30.12.2011 dieses Blatt und die von der Steuerberaterin erstellte komprimierte Einkommensteuererklärung 2007 beim Finanzamt ein, außerdem wurde die Erklärung von der Steuerberaterin elektronisch über das Datev-Rechenzentrum an das Finanzamt übermittelt.

Im Januar 2012 teilte das Finanzamt mit, dass eine Veranlagung zur Einkommensteuer für 2007 nicht mehr erfolgen könne. Die Festsetzungsfrist sei am 31.12.2011 abgelaufen. Zwar sei der Antrag auf Durchführung der Veranlagung in Gestalt der komprimierten Steuererklärung am 30.12.2011 beim Finanzamt eingegangen. Der Antrag trage jedoch nicht die erforderliche eigenhändige Unterschrift der Klägerin, die Übermittlung per Telefax reiche nicht aus.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das beim BFH anhängige Revisionsverfahren wird dort unter dem Az. VI R 82/13 geführt.

Die Gründe:
Das Finanzamt ist verpflichtet, die von der Klägerin gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragte Einkommensteuerveranlagung für 2007 durchzuführen. Die am 30.12.2011 beim Finanzamt eingegangene Steuererklärung ist ein wirksamer Antrag gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG.

Nach Berücksichtigung aller verschiedenen in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen ist festzustellen, dass das Merkmal der "Eigenhändigkeit" der Unterschrift lediglich erfordert, dass sie von der Hand des Steuerpflichtigen stammt. Mit der eigenhändigen Ableistung der Unterschrift durch den Steuerpflichtigen in Kenntnis des konkreten Erklärungsinhalts ist dem Sinn und Zweck der "Eigenhändigkeit" der Unterschrift (Absenderidentifikation, Warnfunktion, Verantwortungsübernahme für den Erklärungsinhalt) in Gänze genüge getan.

Die Unterschrift des Steuerpflichtigen auf dem Original der Erklärung erfüllt alle diese Funktionen, und zwar schon im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung. Darauf, ob der Steuerpflichtige die Erklärung dann im Original oder als (Telefax-)Kopie an das Finanzamt versendet, kommt es nicht an, da die Art und Weise der Übermittlung keine Auswirkung auf die genannte Zweckerfüllung hat.

Unerheblich ist auch, dass der Klägerin im konkreten Fall die Erklärung nicht vollständig, sondern lediglich in Gestalt des Deckblattes vorgelegen hat. Maßgebend ist auch hier, dass die Unterschrift dennoch alle ihr beizumessenden Funktionen erfüllt hat. Das ist der Fall, weil in tatsächlicher Hinsicht festgestellt werden konnte, dass die Klägerin sich im Rahmen eines ca. eineinhalbstündigen Telefonats über den genauen Inhalt der Erklärung vergewissert hat.

Dementsprechend war insbes. die Warn- und Schutzfunktion gewährleistet, denn die Erklärung wurde in Kenntnis und im Bewusstsein ihres Inhalts unterschrieben. Daher liegt entgegen der vom Finanzamt vertretenen Sichtweise auch keine Konstellation vor, die mit derjenigen einer - unwirksamen - Blanko-Unterschrift zu vergleichen wäre.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 20.12.2013
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