25.02.2021

Einkommensteuerliche Behandlung eines zivilrechtlichen Vergleichs über "Schrottimmobilienfinanzierung"

Erklärt die finanzierende Bank, einen Teil des ausstehenden Darlehens, welches der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Eigentumswohnung aufgenommen hat, nicht mehr zurückzufordern, liegt keine Erstattung von Schuldzinsen und damit kein Rückfluss von Werbungskosten vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Bank mit dem "Verzicht" auf die weitere Geltendmachung der Forderung behauptete Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen im Wege der Aufrechnung abgegolten hat. Ein derartiger "Verzicht", den die Bank im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Zivilrechtsstreits ausspricht, führt auf Seiten des Steuerpflichtigen auch nicht zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.

Kurzbesprechung
BFH v. 10.11.2020 - IX R 32/19

EStG § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3

Streitig war, ob der im Vergleichswege erfolgte Verzicht der finanzierenden Bank auf die Geltendmachung eines Teils der ausstehenden Darlehensforderung für den Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einkünfteerhöhend zu berücksichtigen ist.

Rückfluss von Werbungskosten

Erstattungsbeträge, die Werbungskosten ersetzen, im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden sind. Entsprechendes gilt für Schadensersatzleistungen, die Werbungskosten --wie beispielsweise zu viel bezahlte Schuldzinsen—ersetzen. Werden wechselseitige Ansprüche miteinander verrechnet, kann dies zu einem Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG führen. Ein Zufluss wechselseitiger Ansprüche durch Aufrechnung oder einen Verrechnungsvertrag setzt allerdings voraus, dass sich zwei voneinander unabhängige, fällige Ansprüche gegenüberstehen.

Im Streitfall war nicht ersichtlich, dass die Bank dem Steuerpflichtigen überhöht berechnete Schuldzinsen erstatten wollte. Die Vergleichsvereinbarung enthielt keine konkreten Hinweise auf das Bestehen der seitens des Steuerpflichtigen geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Insbesondere waren Einzelheiten zur einzelfallbezogenen Schadensermittlung nicht geregelt worden.

Darüber hinaus hatte die Bank mit der Vergleichsvereinbarung nicht die Aufrechnung mit ihr zustehenden Forderungen aus den bestehenden Darlehensverträgen gegen Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen erklärt. Auch bestanden keine Anhaltspunkte für einen Verrechnungsvertrag, so dass das FG einen Rückfluss von Werbungskosten zu recht verneint hatte.

Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG durch Rechtsverzicht

Bei der Verpflichtung zu einem Rechtsverzicht handelt es sich um eine eigenständige Leistung, die mangels Eingreifens anderer Einkünftetatbestände nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein kann, wenn ihr eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt und damit als Gegenleistung ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen abgegolten wird.

Im Streitfall kam § 22 Nr. 3 EStG jedoch nicht zur Anwendung, da es bereits an einer konkreten Leistung des Steuerpflichtigen mangelte. Der Teilverzicht der Bank erfolgte nicht als Gegenleistung für die Rücknahme der Zivilklage oder den Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche durch den Steuerpflichtigen. Vielmehr war der Vergleich zur Beendigung der sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Bank belastenden Prozesssituation geschlossen worden. Ein konkretes Tun, Dulden oder Unterlassen des Steuerpflichtigen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann, war damit nicht verbunden.

Beraterhinweis: Die Annahme der Leistung der Gegenseite allein reicht nicht aus, um den fehlenden besteuerungsrelevanten Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung herzustellen, wenn der "Leistende" nicht die Möglichkeit hat, durch seine Leistung das Entstehen des Anspruchs auf die (Gegen-)Leistung des Vertragspartners positiv zu beeinflussen. Eine derartige Steuerungsmöglichkeit bestand auch im Streitfall nicht. Vielmehr diente der Vergleich einer "Gesamtbereinigung" des Zivilrechtsstreits.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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