Einkommensteuerliche Behandlung pauschaler Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten nach § 65a SGB V
BMF-SchreibenEStG § 10
AO § 165
Mit Urteilen v. 6. 5. 2020 - X R 16/18, BStBl II 2022, 109, und X R 30/18, BFH/NV 2022, 1067, hat der BFH entschieden, dass die von einer gesetzlichen Krankenkasse auf der Grundlage von § 65a SGB V gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten auch bei pauschaler Ausgestaltung keine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung darstellt, sofern durch sie ein finanzieller Aufwand der oder des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird, der im konkreten Zusammenhang mit einer Gesundheitsmaßnahme steht.
Erstattungen bzw. Bonuszahlungen nach § 65a SGB V sind aber nur dann steuerlich unbeachtlich, wenn sie Gesundheitsmaßnahmen betreffen, die nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen und von den Versicherten privat finanziert worden sind bzw. werden. Auf den Zeitpunkt des Abflusses der Kosten kommt es nicht an; eine pauschale Bonusleistung muss zudem die tatsächlich entstandenen bzw. entstehenden Kosten nicht exakt abdecken.
Eine "echte" Beitragsrückerstattung, die den Sonderausgabenabzug mindert, liegt dagegen vor, wenn sich ein Bonus der gesetzlichen Krankenkasse auf eine Maßnahme bezieht, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst ist oder für aufwandsunabhängiges Verhalten gezahlt wird.
Die Grundsätze dieser Entscheidungen sind nach dem BMF-Schreiben v. 16. Dezember 2021 - IV C 3 - S 2221/20/10012 :002, BStBl I 2022, 155 - u. a. zur einkommensteuerlichen Behandlung pauschaler Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten nach § 65a SGB V - über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein in allen verfahrensrechtlich änderbaren Fällen anzuwenden.
Im BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2021 ist zugleich eine Vereinfachungsregelung getroffen worden. Danach bedarf es für bis zum 31. Dezember 2023 geleistete Zahlungen der vorstehend dargestellten differenzierten Betrachtungsweise nicht, wenn die jährlichen Bonusleistungen auf der Grundlage von § 65a SGB V den Betrag von 150 Euro pro versicherte Person nicht übersteigen. Aus Vereinfachungsgründen kann dann generell vom Vorliegen steuerlich unbeachtlicher Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse ausgegangen werden. Eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragsrückerstattung liegt nur hinsichtlich der den Betrag von 150 Euro pro versicherte Person übersteigenden Bonusleistungen nach § 65a SGB V vor. Allerdings können Steuerpflichtige nachweisen, dass auch diesen Betrag übersteigende Bonusleistungen Gesundheitsmaßnahmen betreffen, die nicht im regulären Versicherungsumfang des Basiskrankenversicherungsschutzes enthalten sind bzw. der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens dienen und privat finanziert wurden oder werden.
Zu den sich hierbei ergebenden verfahrensrechtlichen Fragen hat die Finanzverwaltung nun mit BMF - Schreiben v. 7.10.2022 - IV A 3 - S 0338/19/10006 :009, IV C 3 - S 2221/21/10002 :011 DOK 2022/0937368 unter den Aspekten
- Nach § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 AO vorläufig ergangene Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume bis 2015,
- Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG a. F. für Besteuerungszeiträume bis 2016,
- weitere verfahrensrechtliche Hinweise,
- Vorlage einer Papierbescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse in bestimmten Fällen und
- Änderung von Einkommensteuerfestsetzungen für den Veranlagungszeitraum 2021
Stellung genommen.
Die Regularien des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden, in denen Steuerpflichtige durch eine bisher vorgenommene Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung beim Abzug als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG belastet sind und in denen nun eine Korrektur im Hinblick auf Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkasse für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V) vorgenommen werden soll. Soweit die Festsetzungsfrist in den betroffenen Einkommensteuerbescheiden noch nicht abgelaufen ist, kommt eine Änderung unter den im BMF - Schreiben im Einzelnen genannten Voraussetzungen in Betracht.