Einkommensteuerpflicht eines Gastarztstipendiums
Kurzbesprechung
BFH v. 08.07.2020 - X R 6/19
EStG § 3 Nr. 44, § 22
Die Steuerpflichtige absolvierte nach ihrem Medizinstudium in Libyen an einer deutschen Universitätsklinik eine Weiterbildung zur Fachärztin. Während dieser Zeit hatte sie einen Gastarztstatus und war einer Assistenzärztin vergleichbar tätig. Sie wurde von der Klinik vereinbarungsgemäß nicht entlohnt, sondern erhielt zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten aus Libyen monatliche Stipendien.
Das FA besteuerte die Leistungen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG. Im Klageverfahren entschied das FG, dass die Stipendien keine steuerbaren Einnahmen seien und gab der Klage statt. Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück.
Zwar können Stipendien oder Studienbeihilfen einkommensteuerbare wiederkehrende Bezüge i.S. von § 22 Nr. 1 EStG sein. Dies setzt aber voraus, dass sie keiner vorrangigen Einkunftsart (z.B. Arbeitslohn) zuzuordnen sind und nicht freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht vom Stipendiengeber gezahlt werden. An einer solchen Freiwilligkeit fehlt es, wenn den Zahlungen eine wirtschaftliche Gegenleistung des Stipendiaten gegenübersteht.
Im Streitfall sind zwar weder die Facharztweiterbildung an sich noch die Erwartung, die Steuerpflichtige werde nach ihrer Weiterbildung als Fachärztin in Libyen tätig sein, als Gegenleistung für das Stipendium anzusehen. Der BFH machte allerdings deutlich, dass die Facharztweiterbildung in Deutschland grundsätzlich im Rahmen einer vergüteten ärztlichen Berufstätigkeit erfolgt. Sollten daher die Leistungen aus einem Stipendium an die sich aus der Gastarzttätigkeit ergebenden Verpflichtungen anknüpfen und auch die fehlende Entlohnung ausgleichen, stellt sich das Stipendium zumindest auch als Gegenleistung für die Tätigkeit dar und wäre steuerbar. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeit nicht dem Stipendiengeber, sondern einem Dritten (Klinik) zugutekommt.
Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG ist ausgeschlossen, wenn der Gastarzt weisungsgebunden zur Ausübung ärztlicher Betätigungen verpflichtet ist.
Für eine abschließende Entscheidung fehlten dem BFH ausreichende tatsächliche Feststellungen sowohl zur Ausgestaltung des zwischen der Universitätsklinik und der Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnisses als auch zu den Bedingungen ihres Stipendiums. Diese muss das FG nunmehr im zweiten Rechtsgang nachholen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 3 Nr. 44, § 22
Die Steuerpflichtige absolvierte nach ihrem Medizinstudium in Libyen an einer deutschen Universitätsklinik eine Weiterbildung zur Fachärztin. Während dieser Zeit hatte sie einen Gastarztstatus und war einer Assistenzärztin vergleichbar tätig. Sie wurde von der Klinik vereinbarungsgemäß nicht entlohnt, sondern erhielt zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten aus Libyen monatliche Stipendien.
Das FA besteuerte die Leistungen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG. Im Klageverfahren entschied das FG, dass die Stipendien keine steuerbaren Einnahmen seien und gab der Klage statt. Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurück.
Zwar können Stipendien oder Studienbeihilfen einkommensteuerbare wiederkehrende Bezüge i.S. von § 22 Nr. 1 EStG sein. Dies setzt aber voraus, dass sie keiner vorrangigen Einkunftsart (z.B. Arbeitslohn) zuzuordnen sind und nicht freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht vom Stipendiengeber gezahlt werden. An einer solchen Freiwilligkeit fehlt es, wenn den Zahlungen eine wirtschaftliche Gegenleistung des Stipendiaten gegenübersteht.
Im Streitfall sind zwar weder die Facharztweiterbildung an sich noch die Erwartung, die Steuerpflichtige werde nach ihrer Weiterbildung als Fachärztin in Libyen tätig sein, als Gegenleistung für das Stipendium anzusehen. Der BFH machte allerdings deutlich, dass die Facharztweiterbildung in Deutschland grundsätzlich im Rahmen einer vergüteten ärztlichen Berufstätigkeit erfolgt. Sollten daher die Leistungen aus einem Stipendium an die sich aus der Gastarzttätigkeit ergebenden Verpflichtungen anknüpfen und auch die fehlende Entlohnung ausgleichen, stellt sich das Stipendium zumindest auch als Gegenleistung für die Tätigkeit dar und wäre steuerbar. Dies gilt auch, wenn die Tätigkeit nicht dem Stipendiengeber, sondern einem Dritten (Klinik) zugutekommt.
Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG ist ausgeschlossen, wenn der Gastarzt weisungsgebunden zur Ausübung ärztlicher Betätigungen verpflichtet ist.
Für eine abschließende Entscheidung fehlten dem BFH ausreichende tatsächliche Feststellungen sowohl zur Ausgestaltung des zwischen der Universitätsklinik und der Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnisses als auch zu den Bedingungen ihres Stipendiums. Diese muss das FG nunmehr im zweiten Rechtsgang nachholen.