Einlösen der Inhaberschuldverschreibung "Xetra Gold" ist nicht steuerbar
FG Münster 10.12.2014, 10 K 2030/13 EDer Kläger hatte im Jahr 2009 Xetra Gold Inhaberschuldverschreibungen erworben. Dabei handelt es sich um ein börsenfähiges Wertpapier in Form einer nennwertlosen Anleihe, das einen jederzeitigen Anspruch auf die Lieferung von Gold verbrieft. Die Emittentin hält eine entsprechende Menge Gold in physischer Form und in begrenztem Umfang in Form von Buchgoldansprüchen vor.
Anfang 2011 machte der Kläger von seinem Anspruch auf Auslieferung der Goldbestände in der Weise Gebrauch, dass er sich gegen Ausbuchung seines Wertpapierbestandes 20 Goldbarren á 100 Gramm physisch aushändigen ließ. Die Differenz zwischen den Goldwerten 2009 und 2011 führte zu einem Gewinn i.H.v. rund 20.000 €, den die Bank des Klägers in ihrer Erträgnisaufstellung bescheinigte. Das Finanzamt behandelte den Gewinn - entsprechend einer bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 9.10.2012 - IV C 1-S 2252/10/10013) - als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 9.10.2012) die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht den Gewinn des Klägers aus der Veräußerung der Inhaberschuldverschreibungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Besteuerung unterworfen.
Die Voraussetzungen für eine Besteuerung lagen nicht vor, da einerseits keine sonstige Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG und andererseits keine Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG vorlag. Unter einer Kapitalforderung ist jede auf eine Geldleistung gerichtete Forderung ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs zu verstehen. Nicht erfasst sind demgegenüber auf die Lieferung anderer Wirtschaftsgüter, insbesondere auf eine Sachleistung gerichtete Forderungen. Somit lag hier keine sonstige Kapitalforderung vor, da die Inhaberschuldverschreibung das Recht auf Lieferung einer bestimmten Menge physischen Goldes beinhaltete, das fast vollumfänglich durch eingelagertes Gold und im Übrigen durch kurzfristige Lieferansprüche gedeckt war. Ein solcher Anspruch fällt dem Grunde nach nicht unter den Begriff der Kapitalforderung, da er gerade nicht auf eine Geldleistung gerichtet ist.
Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nach der Systemumstellung auf die Abgeltungssteuer, wonach alle Erträge und Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalforderungen jeder Art besteuert werden sollen, bei denen "die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Nutzung zugesagt oder geleistet wurde". Beides war vorliegend aber nicht der Fall. Auch die Börsenfähigkeit änderte hieran nichts.
Es lag letztlich auch kein Veräußerungsvorgang vor. Eine Veräußerung setzt zivilrechtlich einen synallagmatischen Austauschvertrag voraus, dessen Hauptleistungspflichten einerseits in einer Geldleistungspflicht der einen Vertragspartei und anderseits in einer Sachlieferungspflicht oder der Verpflichtung zur Rechtsübertragung der anderen Vertragspartei besteht. Ein synallagmatischer Austauschvertrag kam hier aber durch die Geltendmachung des Rückgabeverlangens nicht zustande. Denn die Rückgabe einer Inhaberschuldverschreibung ist ein ihr innewohnendes Recht und führt zum Untergang der Schuldverschreibung. Im Gegenzug wird die Emittentin mit Auslieferung des Goldes von ihrer Leistungspflicht befreit.
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