Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt können steuerfrei sein
BFH 5.11.2014, VIII R 29/11Die Klägerin ist als Erzieherin tätig. In ihren Haushalt befinden sich bis zu zwei fremde Pflegekinder, wofür sie ein Tageshonorar zzgl. einer Sachkostenpauschale aufgrund einer Honorarvereinbarung mit einer Firma erhält, die im Bereich der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe für die zuständige Stadtverwaltung die Unterbringung von Jugendlichen in Heimen, Einrichtungen sowie in Familienhaushalten organisiert und für jeden zu betreuenden Jugendlichen bestimmte Beträge aus öffentlichen Haushaltsmitteln erhält.
Das Finanzamt berücksichtigte die Honorarzahlungen als steuerbare Einnahmen und rechnete sie der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin zu. Die Klägerin war dagegen der Auffassung, die Einnahmen seien als Beihilfe zur Erziehung nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Das FG wies die gegen die Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahr 2009 gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Zu Unrecht hat das FG die Steuerfreiheit der Einnahmen verneint, die die Klägerin aus ihrer dem Grunde nach den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit zurechenbaren Erziehertätigkeit erzielt hatte.
Die Zahlungen waren als Beihilfen i.S.d. § 3 Nr. 11 S. 1 EStG, die zur unmittelbaren Förderung der Erziehung (von Jugendlichen) bewilligt werden, anzusehen. Nach BFH-Rechtsprechung sind an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder - in Abgrenzung zur (erwerbsmäßigen) Betreuung sog. Kostkinder - regelmäßig dazu bestimmt, zu Gunsten der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen "die Erziehung unmittelbar zu fördern".
Zudem waren die im vorliegenden Fall gewährten Leistungen uneigennützig i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG. Denn mit der Zahlung der Pflegegelder war keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt. Die Zahlungen ähnelten infolgedessen Zahlungen, die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten. Auch wenn die Leistungen hier über Dritte gezahlt worden waren, handelte es sich um öffentliche Mittel, d.h. aus einem öffentlichen Haushalt stammende und danach verausgabte Mittel. Schließlich konnte über die Mittel nur nach Maßgabe haushaltsrechtlicher Vorschriften verfügt werden und ihre Verwendung unterlag im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle.
Die Auffassung, bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern sei die Pflege regelmäßig nicht als erwerbsmäßig anzusehen und diene deshalb unmittelbar der Förderung der Erziehung i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG (BMF-Schreiben vom 20.11.2007 - IV C 3-S 2342/07/0001, war nicht zu beanstanden. Privathaushalte der Erzieher sind auch keine Einrichtungen i.S.d. § 34 SGB VIII, für die keine steuerfreien Beihilfen in Betracht kommen. Sonstige betreute Wohnformen i.S.d. § 34 SGB VIII sind nur gegeben, wenn sie als Einrichtung einen institutionalisierten Rahmen für die Betreuung bieten; dazu gehören nicht lediglich angemietete Wohnungen oder die bloße Überlassung von Wohnraum wie z.B. eines Zimmers im Haushalt der betreuenden Person.
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