Einspruch gegen Kindergeldbescheid durch einfache E-Mail ist unwirksam
Hessisches FG 2.7.2014, 8 K 1658/13Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides. Die Klägerin ist die Mutter des 1992 geborenen Sohnes J, der im Streitzeitraum im Haushalt der Klägerin lebte. Nach dem Abitur im Juni 2012 beabsichtigte J zum Oktober ein Hochschulstudium aufzunehmen und in der Zwischenzeit einen Ferienjob auszuüben, so dass zunächst bis November 2012 Kindergeld festgesetzt war.
Wegen einer bei einem Sportunfall erlittenen Knieverletzung war J von September 2012 bis Januar 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Daraufhin hob die beklagte Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum von August bis November 2012 auf und forderte von der Klägerin den überzahlten Betrag zurück.
Die Klägerin legte mittels einfacher E-Mail Einspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse ein. Die Familienkasse wertete die einfache E-Mail zwar als wirksamen Einspruch, wies diesen Einspruch jedoch in der Sache als unbegründet zurück.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Mit dieser Entscheidung weicht das FG von der gesamten Kommentarliteratur und von Teilen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ab. Die Revision wurde aus diesem Grunde zugelassen. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. III R 26/14 geführt.
Die Gründe:
Der mit der einfachen E-Mail angegriffene Bescheid ist - entgegen der übereinstimmenden Meinung der Klägerin und der Familienkasse - bereits mangels wirksamer Anfechtung bestandskräftig geworden. Denn ein lediglich mittels einfacher E-Mail eingelegter Einspruch genügt den gesetzlichen Erfordernissen nicht. Eine Entscheidung zu der Frage, ob der Bescheid inhaltlich rechtmäßig war, war daher nicht mehr zu treffen.
Eine elektronische Einspruchseinlegung nach § 87a Abs. 3 S. 1 und 2 AO ist zwingend mit einer sog. qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. So wird sichergestellt, dass die besonderen Zwecke der bisher üblichen Schriftform im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung auch im modernen elektronischen Rechtsverkehr erfüllt werden. Nur durch die qualifizierte elektronische Signatur kann gewährleistet werden, dass der E-Mail neben dem Inhalt der Erklärung auch die Person, von der sie stammt, hinreichend zuverlässig entnommen werden kann.
Darüber hinaus wird sichergestellt, dass es sich hierbei nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass die E-Mail mit dem Wissen und dem Willen des Betroffenen der Behörde zugeleitet worden ist. Dies wird auch durch die gesetzlichen Regelungen des ab dem 1.8.2013 in Kraft getretenen sog. E-Government-Gesetzes belegt. Denn der Gesetzgeber hat dort bewusst auf die Versendung elektronischer Dokumente nach dem De-Mail-Gesetz und eben nicht auf die allgemein gebräuchliche E-Mail-Kommunikation zurückgegriffen.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf stützen, dass Finanzbehörden und Familienkassen in der Praxis bisher auch einfache E-Mails als formwirksamen Einspruch angesehen haben. Denn der Verwaltung steht es aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung nicht zu, mittels Richtlinien (hier: des Anwendungserlasses zur AO) die gesetzlichen Formerfordernisse außer Kraft zu setzen. Weil im konkreten Streitfall seit der Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail mehr als ein Jahr vergangen ist, kann sich die Klägerin schließlich auch nicht auf mangelndes Verschulden im Rahmen eines sog. Widereinsetzungsantrages nach § 110 AO berufen.
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