28.11.2024

Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen

1. Ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht und daher wegen § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend.
2. Ist der Vorbehaltsnießbraucher nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile, ist die Ablösung des Nießbrauchs ein für ihn nicht steuerbarer Vorgang.

Kurzbesprechung
BFH v. 20.9.2024 - IX R 5/24

EStG § 17 Abs 1, EStG § 20 Abs 1 Nr. 1, EStG § 20 Abs 5 S 3, EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, EStG § 24 Nr. 2, AO § 39 Abs 2 Nr. 1, FGO § 118 Abs 2

Streitig war die steuerliche Behandlung der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an Geschäftsanteilen an einer GmbH bei der Nießbrauchsberechtigten (Steuerpflichtigen).  Sie übertrug ihre Beteiligung an einer GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, der insbesondere das Gewinnbezugsrecht umfasste, unentgeltlich auf ihren Sohn. Im Rahmen der Veräußerung der Geschäftsanteile vereinbarten die Vertragsparteien die Aufhebung des Nießbrauchs an den Anteilen an der GmbH gegen Zahlung eines Ablösebetrages.

Das FA erfasste den Ablösebetrag als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 17 i.V.m. § 24 EStG. Der BFH entschied jedoch, dass die Ablösung  als nicht steuerbare Umschichtung auf der privaten Vermögensebene anzusehen ist.

Nachträgliche Einkünfte im Sinne von § 24 EStG setzen voraus, dass dem Steuerpflichtigen die Einkünfte, für die Entschädigung gewährt wird, auch steuerlich zuzurechnen sind. Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte erfüllt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Feststellung des FG, das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen an der GmbH sei bereits mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Steuerpflichtigen auf ihren Sohn übergegangen, schließt es aus, der Steuerpflichtigen die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. Da § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG keine die Einkünfte erweiternde Bedeutung hat, liegen bei der Steuerpflichtigen insoweit keine steuerbaren Einkünfte vor.

Der BFH stellte klar, dass die bindende Feststellung der Vorinstanz, dass die Steuerpflichtige neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Geschäftsanteilen verloren habe, es nicht zulässt, den Ablösebetrag für die Aufgabe des Nießbrauchsrechts einem anderen Besteuerungstatbestand zuzuweisen.

Zum einen unterliegt der Ablösebetrag nicht § 17 EStG. Denn da das wirtschaftliche Eigentum bereits mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn übergegangen war, liegt im Moment der Ablösung des Nießbrauchs keine Anteilsveräußerung im Sinne von § 17 EStG vor.

Zum anderen ist der Ablösebetrag nicht als Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 17 i.V.m. § 24 EStG von der Steuerpflichtigen zu versteuern. Denn es fehlt an der kausalen Verknüpfung zwischen der Zahlung des Ablösebetrags und der Aufgabe der Geschäftsanteile an der GmbH. Infolge des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums wären die Einnahmen von deren Sohn und nicht von der Steuerpflichtigen als Einkünfte zu versteuern. Die Vereinnahmung des Ablösebetrags bei der Steuerpflichtigen ist daher als nicht steuerbare Vermögensumschichtung einzuordnen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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