Entschädigungszahlungen für entgehende Einnahmen aus Genussrechten sind steuerpflichtig
BFH 11.2.2015, VIII R 4/12Der Kläger war vor seiner Pensionierung bei der X-AG beschäftigt. Diese hatte bis zum Jahr 2000 im Rahmen eines Vermögensbildungsprogramms inländischen Mitarbeitern den Erwerb von sog. Namensgewinnscheinen (NGS) angeboten. Die X-AG hatte u.a. ein Kündigungsrecht bei Ausscheiden aus dem X-Konzern. In allen Fällen der Rückgabe der NGS vergütete die X-AG nach den Genussrechtsbedingungen lediglich den Nennwert der NGS.
Im Jahr 2006 unterbreitete die X-AG dem Kläger ein Angebot zum Rückerwerb der von ihm gehaltenen 289 NGS. Sie bot dem Kläger für jeden NGS neben der Auszahlung des Nominalwerts eine Verzinsung sowie eine Einmalzahlung in Höhe des dreifachen Nominalwerts an. Sollte der Kläger das Angebot nicht annehmen, müsse er mit einer Kündigung der NGS aus wichtigem Grund rechnen, da die X-AG aus dem Konzern ausscheide. Der Kläger nahm das Angebot an, so dass ihm im Jahr 2006 Einnahmen i.H.v. 24.218 € und im Jahr 2007 i.H.v. 11.097 € zuflossen.
Das Finanzamt erfasste in den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 2006 und 2007 die Zahlungen der X-AG als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger war hingegen der Ansicht, die Einmalzahlung i.H.d. dreifachen Nennbetrags der Genussrechte sei kein Entgelt für eine Kapitalnutzung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, sondern ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 EStG, der aufgrund des Ablaufs der Haltefrist nicht der Besteuerung unterliege.
Die Klage blieb in allem Instanzen erfolglos.
Gründe:
Der von der X-AG an den Kläger im Rahmen des Rückkaufs gezahlte Einmalbetrag i.H.d. dreifachen Nennbetrags der NGS führte zu steuerpflichtigen Einkünften. Zwar handelte es sich dabei nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG, jedoch waren die Voraussetzungen für eine Besteuerung gem. § 24 Nr. 1a EStG erfüllt.
Die Vorschrift ergänzt die Einkünftetatbestände der §§ 13 bis 23 EStG und schafft keinen neuen Besteuerungstatbestand. Es muss demgemäß eine kausale Verknüpfung zwischen Entschädigung und den entgangenen Einnahmen bestehen. Die entgangenen Einnahmen müssen, falls sie erzielt worden wären, steuerpflichtig sein. Dies war hier der Fall. Die Zahlung war kein Entgelt für den Rückerwerb der Genussrechte, sondern Entschädigung für entgehende Einnahmen. Die Abfindung stellte sich als Ersatz der Kapitalerträge dar, die der Kläger erzielt hätte, wenn der Vertrag über die Verzinsung der Genussrechte nicht aufgrund des Angebots der X-AG beendet worden wäre. Diese Einnahmen wären der Einkunftsart der Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzuordnen gewesen.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 u. 2 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.
Die Regelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 5 EStG, nach der die Grundsätze für die Besteuerung von Finanzinnovationen auf Genussrechte der vorliegenden Art nicht anwendbar sind, schließt die Besteuerung einer Entschädigungszahlung nach § 24 Nr. 1a EStG nicht aus, da diese allein durch die entgehenden Einnahmen veranlasst ist, gerade kein Veräußerungsentgelt darstellt und deshalb die Vermögensebene nicht berührt. Einer Qualifizierung der Einkünfte als steuerbare Entschädigungsleistung nach § 24 Nr. 1a EStG stand auch nicht entgegen, dass der Kläger durch seine Zustimmung zum Angebot der X-AG selbst zum Wegfall der Einnahmen aus den NGS beigetragen hatte. Die als Entschädigung zu beurteilende Einmalzahlung unterlag schließlich auch nicht der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG, da sie sich auf zwei Veranlagungszeiträume verteilte. Damit fehlte es an einem zusammengeballten Zufluss.
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