04.08.2011

Erbschaftssteuer: Vermülltes Haus führt nicht zur Einstufung des Grundstücks als unbebaut

Die Erben eines vollkommen vermüllten Hauses können bei der Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Erbschaftsteuer nicht ohne weiteres damit rechnen, dass das Finanzamt das Grundstück zu ihren Gunsten als unbebaut einstuft. Nur eine auf Dauer bestehende Unbenutzbarkeit der betroffenen Räume kann zu einer Einstufung als unbebautes Grundstück führen.

Hessisches FG 26.5.2011, 3 K 2993/09
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind zwei Miterben, die zwei, jeweils mit einem Haus bebaute Grundstücke geerbt hatten. Zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin waren die beiden Häuser total vermüllt. Im Zuge der nachfolgenden Entrümpelung wurden u.a. große Mengen Papier- und Essensreste, verschmutzte Wäsche und Geschirr, alte Konservendosen, Papier und Zeitungen sowie vertrocknete Pflanzen und durch einen Wasserschaden verfaulte Möbel aus den beiden Häusern geschafft. In der Folgezeit verkauften die Miterben die beiden Grundstücke mit den entrümpelten Häusern für 165.000 € und für 230.000 €.

Das Finanzamt ging für die Ermittlung der Erbschaftsteuer für die beiden Grundstücke von einem Grundbesitzwert von 162.500 € und 226.500 € aus, wobei es auch die nachgewiesenen Ausgaben für die Entmüllung berücksichtigte. Hiergegen wandten sich die Kläger mit der Begründung, dass für die beiden Grundstücke jeweils nur der Bodenwert angesetzt werden dürfe. Ein zusätzlicher Wertansatz für die beiden Gebäude scheide entgegen der Ansicht des Finanzamtes aus, weil die Gebäude zum sog. Bewertungsstichtag unbenutzbar gewesen seien. So hätten die Käufer die beiden Gebäude erst in einen bewohnbaren Zustand bringen und umfangreiche Reparaturmaßnahmen durchführen müssen.

Das FG wies die Klage ab, nachdem es in der mündlichen Verhandlung Zeugen zum Zustand der beiden Gebäude vernommen hatte. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer für die beiden Grundstücke zur Recht nicht nur den Bodenwert angesetzt.

Nur eine auf Dauer bestehende Unbenutzbarkeit der betroffenen Räume kann zu einer Einstufung als unbebautes Grundstück führen. Dies ist dann gegeben, wenn z.B. durch Hochwasser die Statik und damit die Standfestigkeit dauerhaft erschüttert ist oder wenn z.B. Feuchtigkeit wegen fehlender Isolierung des Mauerwerks oder wegen Beschädigung der Dachhaut zu Schwamm-, Schimmel- und Pilzbefall und damit zu Gesundheitsgefahren führt.

Die Lebensweise der Erblasserin hat im Streitfall dagegen nur zu einer vorübergehenden Nutzungseinschränkung der Häuser geführt. Hinsichtlich Bausubstanz und Grundausstattung befanden sich die Häuser in einem gebrauchsfähigen Zustand. So waren das Dach und das Mauerwerk der beiden Häuser weitestgehend intakt. Schimmelbefall konnte nicht festgestellt werden. Auch die Fenster und der Estrich sowie die Eingangs- und Innentüren waren zwar ungepflegt, aber funktionstüchtig.

Schließlich befanden sich auch Heizung, Sanitärinstallationen, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und elektrische Installationen insgesamt noch in einem funktionsfähigen Zustand. Im Übrigen haben die Käufer einen Kaufpreis gezahlt, der jeweils erheblich über dem Wert des Grund und Bodens lag.

Hessisches FG PM vom 26.7.2011
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