13.08.2015

Ermäßigt zu besteuernder Arbeitslohn für eine mehrjährige Tätigkeit setzt lediglich wirtschaftlich vernünftige Gründe für zusammengeballte Entlohnung voraus

Arbeitslohn, der für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet wird, kann als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach der sog. Fünftelregelung zu besteuern sein, wenn wirtschaftlich vernünftige Gründe für die zusammengeballte Entlohnung vorliegen. Um einmalige (Sonder)Einkünfte, die für die konkrete Berufstätigkeit unüblich sind und nicht regelmäßig anfallen, muss es sich nicht handeln.

BFH 7.5.2015, VI R 44/13
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob im Streitjahr (2007) eine nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuernde Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegt. Der Kläger ist als Vorstand einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung, die sich überwiegend aus Spenden finanziert, tätig. Die Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der Stiftung sind in einem Dienstvertrag geregelt.

Der Kläger erklärte gegenüber dem Finanzamt, dass es sich bei der von der Stiftung erhaltenen Tätigkeitsvergütung um ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn für mehrere Jahre handele, denn der Lohnzahlungszeitraum sei ausnahmsweise einvernehmlich von zwölf auf 14 Monate erweitert worden. Dadurch sei der mtl. Durchschnittsbetrag der klägerischen Bezüge um mehr als 10 Prozent reduziert und eine möglicherweise unangemessen hohe gemeinnützigkeitsschädliche Vergütung i.S.v. § 55 AO vermieden worden.

Dem folgte das Finanzamt nicht. § 34 EStG könne vorliegend nicht angewendet werden. Nicht sämtliche Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten und damit für Tätigkeiten, die sich über zwei Veranlagungszeiträume erstreckten und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassten, seien ermäßigt zu besteuern. Es müsse sich zusätzlich um außerordentliche Einkünfte handeln, woran es vorliegend fehle.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die streitgegenständliche Vergütung des Klägers nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern ist.

Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten besonderen Tarif, der sog. "Fünftelregelung" (§ 34 Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG), zu berechnen. Als ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte kommen insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht, also solche, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstrecken und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen. Anders als bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit muss es sich, wenn die ermäßigte Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG in Rede steht, bei der mehrjährigen Tätigkeit nicht um eine abgrenzbare Sondertätigkeit handeln.

Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit selbst von der regelmäßigen Erwerbstätigkeit abgrenzbar ist oder die in mehreren Veranlagungszeiträumen erdiente Vergütung auf einem besonderen Rechtsgrund beruht, der diese von den laufenden Einkünften unterscheidbar macht. Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft. Die Entlohnung muss für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung also für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden.

Darüber hinaus müssen wirtschaftlich vernünftige Gründe für die zusammengeballte Entlohnung vorliegen. Diese können sowohl in der Person des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers vorliegen. Das Merkmal der wirtschaftlich vernünftigen Gründe dient der Verhütung von Missbräuchen. Deshalb schließt nur eine willkürliche, wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Zusammenballung allein aus steuerlichen Gründen die Anwendung der Tarifbegünstigung auf mehrjährigen Arbeitslohn aus.

Vorliegend wurde der Lohnzahlungszeitraum einverständlich von zwölf auf 14 Monate verlängert. Der Kläger und die Stiftung haben nicht lediglich vereinbart, dass zusätzlich zum jährlichen Arbeitslohn eine Abschlagszahlung für die folgenden zwei Monate zu leisten war. Das FG hat insoweit zu Recht darauf erkannt, dass für die auf der Verlängerung des Lohnzahlungszeitraums gründende Zusammenballung des Arbeitslohns wirtschaftlich vernünftige - nämlich gemeinnützigkeitsrechtliche - Gründe vorlagen.

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