27.11.2017

Ersatz für beliebige Arten von Schadensfolgen ist keine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG

Der Grundsatz, dass Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, einheitlich zu beurteilen sind, entbindet nicht von der Prüfung, ob die Entschädigung "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i.S. des § 24 Nr. 1a EStG gewährt wurde.

BFH 11.7.2017, IX R 28/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und war von 1987 bis Mitte 2007 bei der A-GmbH beschäftigt, zuletzt als "Executive Director of Sales and Marketing for EMEA". Er war Prokurist und Betriebsleiter in Deutschland, seine Zuständigkeit erstreckte sich auch auf Europa, den Mittleren Osten und Afrika. Die GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der LLC mit Sitz in den USA.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde im Juni 2007 sowohl von der GmbH als auch von der LLC außerordentlich sowie ordentlich gekündigt. Die Rechtsmittel des Klägers gegen die Kündigungen der LLC sowie die außerordentliche Kündigung der GmbH hatten Erfolg. Im Dezember 2009 unterzeichnete der Kläger eine "Abwicklungsvereinbarung". Der Kläger erhielt neben einer Abfindung auch einen Nachteilsausgleich. Streitig war nun, ob dieser Nachteilsausgleich als nicht steuerbarer Schadensersatz, als Entschädigung i.S.v. § 24 Nr. 1a EStG oder als sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG anzusehen war.

Das FG wies die Klage ab, da es von einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG bzw. hilfsweise von Einkünften aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG ausging. Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Entscheidung auf und wies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:
Nach § 24 Nr. 1a EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Entschädigungen, die "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" gewährt wurden, d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen treten. Entsprechend seinem Wortlaut zählen dazu nicht Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen, sondern lediglich solche zur Abgeltung von erlittenen oder zu erwartenden Ausfällen an Einnahmen.

Erfasst werden daher nur Entschädigungen, die Einnahmen ersetzen, nicht aber solche, die Ausgaben ausgleichen. Der Ersatz "für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt vom Wort - und Sinnverständnis voraus, dass Einnahmen gar nicht erst angefallen, sondern ausgefallen sind oder der Ausfall (künftig) entgehender Einnahmen zu erwarten ist; der Steuerpflichtige hat also die entsprechenden Einnahmen nicht oder noch nicht erhalten.

Das FG war davon ausgegangen, dass die Vereinbarung der einheitlichen und endgültigen Abwicklung sämtlicher Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis des Steuerpflichtigen gedient habe. Dem ist allerdings nicht zu folgen, denn Entschädigung und Nachteilsausgleich überschreiten im vorliegenden Fall zusammenaddiert den üblichen Rahmen von Abfindungen für einen Arbeitsplatzverlust außergewöhnlich. Der Grundsatz, dass Entschädigungen, die aus Anlass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gewährt werden, sind einheitlich zu beurteilen und entbinden nicht von der Prüfung, ob der Nachteilsausgleich "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG gewährt wurde. Ersatzleistungen für jede beliebige Art von Schadensfolgen werden jedenfalls nicht von § 24 Nr. 1a EStG erfasst.

Auch die Frage, ob der Nachteilsausgleich ggf. als Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG anzusehen ist, konnte im Streitfall nicht abschließend geklärt werden. Eine (sonstige) Leistung i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen erbracht wird. Jedoch führt nicht jede Einnahme, die durch einen Rechtsverzicht ausgelöst wird, auch zu Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG. Denn die Norm erfasst, ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten, das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften nach § 2 EStG voraus. Das FG hat jedoch keine tragfähigen Feststellungen dazu getroffen, ob der Nachteilsausgleich für Leistungen des Steuerpflichtigen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG gezahlt worden war. Auch insoweit sind daher weitere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück