Erstattung der Steuerzahlung für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig
Kurzbesprechung
BFH v. 15.10.2024 - IX R 5/23
EStG § 12 Nr. 3, EStG § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1, EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, EStG § 34 Abs 1, EStG § 34 Abs 2 Nr. 2, EStG § 34 Abs 2 Nr. 4
BGB § 249 Abs 1, BGB § 252 S 1, BGB § 842, BGB § 843 Abs 1
FGO § 76 Abs 1 S 1, FGO § 139 Abs 3 S 3
Im Streitfall musste die Steuerpflichtige aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers ihren Beruf aufgeben. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährlich ihren Verdienstausfallschaden ersetzt. Die Zahlungen musste sie als Entschädigung für entgehenden Arbeitslohn versteuern (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG).
In den Streitjahren kam die Versicherung ihrer gesetzlichen Pflicht nach, die von der Steuerpflichtigen in den Vorjahren bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen für die erhaltenen Entschädigungsleistungen zu erstatten. Das FA und auch nachfolgend das FG waren der Ansicht, dass diese Erstattungen selbst der Einkommensteuer unterlägen. Die Steuerpflichtige vertrat dagegen die Auffassung, es handele sich um einen Steuerschaden, dessen Ersatz keine Steuer auslöse.
Der BFH bestätigte die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz und wies die Revision der Steuerpflichtigen zurück. Er entschied, dass zu den steuerpflichtigen Entschädigungen nicht nur der zunächst gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes zählt, sondern ebenso die vom Schädiger später erstattete Steuerlast. Er knüpfte insoweit an die zivilrechtlichen Wertungen an, die den Schädiger beziehungsweise dessen Versicherung verpflichteten, auch die auf den Verdienstausfallschaden entfallende Steuer zu übernehmen. Der Nettoverdienstausfall und die Steuerlast sind Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs, die lediglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt wurden. Beides dient jedoch dem Ersatz entgehender Einnahmen des Geschädigten.
Der BFH verneinte auch eine tarifermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen, weil die Steuerpflichtige ihren gesamten Verdienstausfallschaden (einschließlich der hierauf beruhenden Steuerlasten) nicht zusammengeballt in nur einem Jahr ersetzt erhielt. Die Verteilung der Zahlungen auf mehrere Jahre nahm der Entschädigung die für eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG notwendige "Außerordentlichkeit".
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 12 Nr. 3, EStG § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1, EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, EStG § 34 Abs 1, EStG § 34 Abs 2 Nr. 2, EStG § 34 Abs 2 Nr. 4
BGB § 249 Abs 1, BGB § 252 S 1, BGB § 842, BGB § 843 Abs 1
FGO § 76 Abs 1 S 1, FGO § 139 Abs 3 S 3
Im Streitfall musste die Steuerpflichtige aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers ihren Beruf aufgeben. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährlich ihren Verdienstausfallschaden ersetzt. Die Zahlungen musste sie als Entschädigung für entgehenden Arbeitslohn versteuern (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG).
In den Streitjahren kam die Versicherung ihrer gesetzlichen Pflicht nach, die von der Steuerpflichtigen in den Vorjahren bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen für die erhaltenen Entschädigungsleistungen zu erstatten. Das FA und auch nachfolgend das FG waren der Ansicht, dass diese Erstattungen selbst der Einkommensteuer unterlägen. Die Steuerpflichtige vertrat dagegen die Auffassung, es handele sich um einen Steuerschaden, dessen Ersatz keine Steuer auslöse.
Der BFH bestätigte die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz und wies die Revision der Steuerpflichtigen zurück. Er entschied, dass zu den steuerpflichtigen Entschädigungen nicht nur der zunächst gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes zählt, sondern ebenso die vom Schädiger später erstattete Steuerlast. Er knüpfte insoweit an die zivilrechtlichen Wertungen an, die den Schädiger beziehungsweise dessen Versicherung verpflichteten, auch die auf den Verdienstausfallschaden entfallende Steuer zu übernehmen. Der Nettoverdienstausfall und die Steuerlast sind Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs, die lediglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt wurden. Beides dient jedoch dem Ersatz entgehender Einnahmen des Geschädigten.
Der BFH verneinte auch eine tarifermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen, weil die Steuerpflichtige ihren gesamten Verdienstausfallschaden (einschließlich der hierauf beruhenden Steuerlasten) nicht zusammengeballt in nur einem Jahr ersetzt erhielt. Die Verteilung der Zahlungen auf mehrere Jahre nahm der Entschädigung die für eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG notwendige "Außerordentlichkeit".