24.07.2019

Erste Tätigkeitsstätte einer Luftsicherheitskontrollkraft nach neuem Reisekostenrecht

Ein Arbeitnehmer, der auf einem Flughafen an wechselnden Kontrollstellen zur Durchführung von Sicherheitskontrollen eingesetzt wird, hat auf dem Flughafengelände seine erste (großräumige) Tätigkeitsstätte.

BFH v. 11.4.2019 - VI R 12/17
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob Fahrten eines Arbeitnehmers zum Flughafengelände, auf dem er an täglich wechselnden Kontrollstellen zur Durchführung von Sicherheitskontrollen eingesetzt wird, unter der Geltung des neuen Reisekostenrechts nach Dienstreisegrundsätzen oder lediglich nach Maßgabe der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen sowie Mehraufwendungen für Verpflegung anzusetzen sind.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist als Luftsicherheitskontrollkraft bei der Firma X-GmbH beschäftigt. Der Kläger wurde nach einem Dienstplan an täglich wechselnden Einsatzorten ohne festes Schema auf dem Flughafen X, der eine Fläche von ca. 1.500 ha umfasst, beschäftigt. Bei den - kurzfristig zugeteilten - Einsatzorten handelte es sich um von der X-GmbH betreute Kontrollstellen auf dem Gelände des Flughafens X. Der Kläger fuhr die jeweiligen Einsatzstellen, an denen er Sicherheitskontrollen durchzuführen hatte und die sich in einer Entfernung von wenigen hundert Metern bis zu etwa 2,5 km von dem Sitz der X-GmbH befanden, im Streitjahr mit seinem privaten Pkw an.

Der Kläger machte im Streitjahr Reisekosten im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit für 211 Fahrten zu 0,30 € (insgesamt rd. 4.700 €) und Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von über acht Stunden an 211 Tagen von rd. 2.500 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass im Streitjahr der Flughafen X erste Tätigkeitsstätte des Klägers war. Es hat deshalb zu Recht die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten von seiner Wohnung dorthin lediglich mit der Entfernungspauschale berücksichtigt sowie die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen.

Beim Flughafen X handelt es sich um ein wenn auch großflächiges, so doch räumlich abgegrenztes infrastrukturell erschlossenes Betriebsgelände eines mit dem Arbeitgeber des Klägers (X-GmbH) verbundenen Unternehmens i.S.d. § 15 AktG (FX-GmbH). Mit dem Schutz ihres gesamten Betriebsgeländes hat die FX GmbH die X GmbH als Sicherheitsunternehmen betraut. Der Einwand des Klägers, die Einsatzorte, an denen er tätig geworden sei, seien nicht betriebliche Einrichtungen seiner lohnsteuerlichen Arbeitgeberin bzw. eines verbundenen Unternehmens i.S.d. § 15 AktG - der X GmbH -, sondern betriebliche Einrichtungen von Kunden der X-GmbH, die er auf Weisung seines Arbeitgebers täglich wechselnd aufgesucht habe, kann deshalb nicht verfangen.

Die Einsatzorte und Kontrollstellen, die der Kläger während seines Dienstes aufsuchte, stellen für ihn keine "selbständigen" Tätigkeitsstätten i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG dar. Sie stehen vielmehr in einem organisatorischen und wirtschaftlichen Zusammenhang und sind unabhängig von ihrer infrastrukturellen Ausgestaltung und räumlichen Belegenheit, auch soweit sie in Bereichen liegen, die im Übrigen von Kunden der X-GmbH genutzt werden, der ersten Tätigkeitsstätte, dem Betriebsgelände des Flughafens X, zuzurechnen. Zudem hat das FG ohne Rechtsfehler entschieden, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber dem Betriebsgelände der FX-GmbH dauerhaft zugeordnet wurde und dort seinen Beruf als Luftsicherheitskraft tatsächlich vollschichtig ausgeübt hat.

Folglich stellt der Einsatz des Klägers auf dem Betriebsgelände des Flughafens X keine auswärtige berufliche Tätigkeit i.S.d. § 9 Abs. 4a EStG dar. Es handelt sich vielmehr um eine Tätigkeit innerhalb einer - wenngleich großräumigen - ersten Tätigkeitsstätte, an der der Kläger seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen hat. Da der Kläger im Streitfall nicht außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte und seines Wohnorts tätig war, können weder Verpflegungsmehraufwendungen noch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden

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BFH PM Nr. 43 vom 18.7.2019
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