28.07.2017

Ertragszuschuss als organschaftliche Mehrabführung

Ein Ertragszuschuss stellt eine verdeckte Einlage dar und führt zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos bei der Organgesellschaft nach § 27 Abs. 1 S. 1 KStG, die durch den sofortigen Rückfluss an den Organträger im Rahmen der organschaftlichen Gewinnabführung nicht wieder rückgängig gemacht wird. Der Tatbestand der organschaftlichen Mehr- oder Minderabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG ist am Grundanliegen des Gesetzgebers auszurichten, die Einmalbesteuerung der organschaftlichen Erträge beim Organträger sicherzustellen.

BFH 15.3.2017, I R 67/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH. Eine ihrer Gesellschafterinnen ist die B-GmbH. Mit dieser hatte die Klägerin 2002 einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen, wonach ihr gesamtes Jahresergebnis ab dem Jahr 2002 der B-GmbH als Organträgerin zustehen sollte. Zugleich war die Klägerin im Jahr 2002 selbst Organträgerin in Bezug auf eine ihrer Tochtergesellschaften. Die B-GmbH zahlte der Klägerin 2002 einen (nicht rückzahlbaren) Ertragszuschuss. Diesen verbuchte die Klägerin in ihrer Handelsbilanz als Ertrag. Weiter erfasste die Klägerin in ihrer Handelsbilanz einen Übernahmeverlust aufgrund einer noch 2002 erfolgten Verschmelzung mit einer Organgesellschaft. Steuerrechtlich durfte der Übernahmeverlust gem. § 12 Abs. 2 UmwStG nicht abgezogen werden.

Das Finanzamt ging zunächst davon aus, dass der Ertragszuschuss als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto der Klägerin zu erfassen sei. Aufgrund der unterschiedlichen Behandlung des Ertragszuschusses in der Handels- und der Steuerbilanz nahm es jedoch weiter an, dass eine Mehrabführung vorliege, die zu einer entsprechenden Minderung des Einlagekontos geführt habe. Den Übernahmeverlust sah das Finanzamt dagegen aufgrund einer außerbilanziellen Korrektur nicht als Minderabführung an. Dementsprechend stellte es das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2002 fest. In den Folgebescheiden der Jahre 2003 bis 2006 sowie der weiteren Jahre 2007 bis 2009 nahm es entsprechende Änderungen vor.

Die Klägerin war der Ansicht, dass das Einlagekonto um den Ertragszuschuss zu erhöhen sei, da hinsichtlich des Ertragszuschusses keine (organschaftliche) Mehrentnahme vorliege. Der Ertragszuschuss sei eine verdeckte Einlage. Die Korrektur des zu versteuernden Einkommens finde - ebenso wie die Korrektur des Verschmelzungsverlusts - außerhalb der Bilanz statt. Handelsbilanz und Steuerbilanz seien daher identisch, bei der Berechnung von (organschaftlichen) Mehr- oder Minderabführungen komme es aber auf einen Unterschied zwischen Handels- und Steuerbilanz an.

Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich das steuerliche Einlagekonto der Klägerin aufgrund einer Mehrabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 KStG gemindert hatte.

Ein (nicht rückzahlbarer) Ertragszuschuss stellt eine verdeckte Einlage dar und führt - neben nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung bei der Organträgerin - zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos bei der Organgesellschaft nach § 27 Abs. 1 S. 1 KStG. Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Im Streitfall hatte die Organträgerin der Organgesellschaft in Gestalt eines nicht rückzahlbaren Zuschusses Eigenkapital zugeführt. Der Umstand des sofortigen Rückflusses des Ertragszuschusses an die Organträgerin über die Gewinnabführung im Rahmen des Organschaftsverhältnisses führt auch (entgegen der überwiegenden Meinung im Schrifttum) nicht zur Rückgängigmachung der verdeckten Einlage wieder rückgängig gemacht worden ist. Denn für eine derartige Auffassung findet sich im Gesetz kein Anhalt.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs. 1 S. 1 KStG sind die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auf dem steuerlichen Einlagekonto auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto erfasst damit zunächst ausschließlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensänderungen. Der bei der Organträgerin zu erfassende Ertrag beruht dagegen auf der Gewinnabführung i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG und damit auf der handelsrechtlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags. Die Zuschussgewährung und dessen "Rückgewähr" sind damit eigenständig zu würdigen; eine Rechtsgrundlage für eine "Saldierung" ist nicht erkennbar.

Im Streitfall hatte sich das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft jedoch aufgrund einer Mehrabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG gemindert. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG sieht vor, dass Mehrabführungen, wenn sie ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, das Einlagekonto einer Organgesellschaft mindern. Mehr- oder Minderabführungen liegen ab VZ 2008 insbesondere vor, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht. Davor hatte der BFH jedoch bereits zur sog. vororganschaftlichen Mehrabführung entschieden, dass der handelsbilanzielle Jahresüberschuss als maßgebliche Vergleichsgröße in Bezug zu setzen ist zu den Ergebnissen der Organgesellschaft gemäß der Steuerbilanz.

Die Entscheidung darüber, ob von einer (organschaftlichen) Mehr- oder Minderabführung auszugehen ist, ist am Grundanliegen des Gesetzgebers auszurichten, der mit den Regelungen des § 14 Abs. 4 KStG n.F. die Einmalbesteuerung der organschaftlichen Erträge beim Organträger sicherstellen wollte. Dieses Anliegen wird trotz Abweichung zwischen abgeführtem Gewinn und Steuerbilanzgewinn (ausnahmsweise) nicht berührt, wenn aufgrund der außerbilanziellen Verlusthinzurechnung die steuerliche Einkommenszurechnung nicht von der handelsrechtlichen Gewinnabführung abweicht, die Abweichung zur Handelsbilanz damit lediglich in der Technik der Einkommensermittlung gründet.

Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen einer organschaftlichen Mehrabführung i.S.d. § 27 Abs. 6 S. 1 KStG vor. Denn die Organgesellschaft hatte den von der Organträgerin erhaltenen Ertragszuschuss in ihrer Handelsbilanz als Ertrag verbucht. Den handelsrechtlichen Jahresabschluss hatte sie dann im Wege einer sog. "Überleitungsrechnung" den steuerrechtlichen Vorschriften angepasst.

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