16.04.2020

Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen

Sieht ein Vertrag über die Vermietung eines Grundstücks mit einem noch zu errichtenden Gebäude vor, dass die auf Betriebsvorrichtungen entfallenden Aufwendungen vom Mieter getragen und Betriebsvorrichtungen nicht mitvermietet werden sollen, ist nicht bereits dann eine für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen, wenn bei einzelnen Betriebsvorrichtungen die darauf entfallenden Aufwendungen nicht herausgerechnet werden, sondern in die Herstellungskosten des Gebäudes eingehen.

Kurzbesprechung
BFH v. 28.11.2019 - III R 34/17

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 41 Abs. 1 und 2
BewG § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BGB § 164 Abs. 1, § 535 Abs. 1


Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen.

"Verwaltung und Nutzung" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist nicht deckungsgleich mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff der privaten Vermögensverwaltung. Die (Mit-)Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter überschreitet den Rahmen der nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unschädlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes auch dann, wenn einkommensteuerrechtlich noch von Vermögensverwaltung auszugehen wäre. Eigener Grundbesitz wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zwecke der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt.

Darüber hinaus liegen Nebentätigkeiten innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gezogenen Rahmens vor und sind - ausnahmsweise - nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können.

Der Begriff des Grundbesitzes i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bestimmt sich nach Bewertungsrecht. Zum Grundvermögen gehören nach § 68 Abs.1 Nr. 1 BewG der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör. Betriebsvorrichtungen zählen bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG). Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schließt die erweiterte Kürzung auch dann aus, wenn sie einen nur geringfügigen Umfang annimmt.

"Eigener" Grundbesitz ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz. Die Annahme eigenen Grundbesitzes i.S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setzt nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum des Unternehmers voraus, vielmehr reicht wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO aus. Umgekehrt liegt kein eigener Grundbesitz des Unternehmers vor, wenn dieser zwar zivilrechtlicher, nicht aber wirtschaftlicher Eigentümer ist.

Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige eine Immobilie an eine AG vermietet und die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geltend gemacht. Das FA war dagegen der Ansicht, die Steuerpflichtige habe Kosten für Betriebsvorrichtungen und andere bewegliche Wirtschaftsgüter getragen, die zusammen mit der Immobilie an die AG vermietet worden seien. Aus diesem Grund könne die erweiterte Kürzung nicht gewährt werden.

Ob im Streitfall bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze im Streitfall eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen ist, konnte der BFH auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Der Streitfall wurde daher zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das FG wird nun im zweiten Rechtsgang aufzuklären haben, ob die Anlagen und Wirtschaftsgüter, die es als Betriebsvorrichtungen beurteilt hat, von der Steuerpflichtigen wirksam an die AG vermietet wurden, ggf., ob trotz einer etwaigen zivilrechtlichen Unwirksamkeit steuerrechtlich eine entgeltliche Nutzungsüberlassung anzunehmen ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO). Entsprechendes gilt für die Frage, wer wirtschaftlicher Eigentümer der fraglichen Betriebsvorrichtungen war.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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