Erwerb eines Geschäftsanteils durch Pooltreuhänder - Schenkungsteuer im Managermodell
Kurzbesprechung
BFH v. 6.5.2020 - II R 34/17
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 7 S. 1
AO § 39 Abs 2, § 174 Abs 5 S 2, § 42
Die Frage, ob und auf wen schenkungsteuerlich ein Geschäftsanteil übergeht, ist nach dem Zivilrecht zu beurteilen. Denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer knüpft grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist daher regelmäßig nicht anwendbar. So kommt es auch bei anderen Tatbeständen der Schenkungsteuer für die Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, grundsätzlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist, denn die Schenkungsteuer ist eine Verkehrsteuer.
Für Treuhandverhältnisse an jedwedem Treugut, mithin auch an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, gilt nichts anderes. Geht es im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer um die Frage der Rechtszuständigkeit an dem Treugut, so bleibt maßgebend, wer zivilrechtlicher Rechtsinhaber ist. Das ist regelmäßig der Treuhänder. Die abweichende Zurechnungsvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 AO betrifft eine besondere Form wirtschaftlichen Eigentums und ist im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht grundsätzlich ebenso wenig anwendbar wie § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO insgesamt.
Auch § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG bietet keine Grundlage, für den Übergang eines Gesellschaftsanteils nicht --wie regelmäßig-- an den Erwerb zivilrechtlichen Eigentums, sondern --ausnahmsweise-- an den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums anzuknüpfen. Die Wortwahl "Übergang des Anteils" ist eine originär zivilrechtliche. Eine den Prinzipien der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuwiderlaufende rein wirtschaftliche Betrachtung, die die bei allen Vertragsbeteiligten eintretenden wirtschaftlichen Vor- und Nachteile beleuchtete, hätte einer besonderen gesetzlichen Anordnung bedurft. Insbesondere gibt § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG für die Besteuerung einer etwaigen bei einem Dritten eingetretenen Bereicherung keine Handhabe, da die Vorschrift nicht an die Bereicherung, sondern an den Anteilserwerb anknüpft.
Nach diesen Maßstäben hatte im Streitfall nicht der Steuerpflichtige, sondern der Pooltreuhänder den GmbH - Geschäftsanteil erworben, so dass der Vorgang bei dem Steuerpflichtigen nicht nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerbar ist. Denn der Pooltreuhänder war zivilrechtlicher Eigentümer geworden. Die Annahme des FA, in Wahrheit sei lediglich der über die verbleibenden Gesellschafter verlaufende Leistungsweg abgekürzt worden, fand in dem Poolvertrag, der von vornherein den tatsächlich gewählten Übertragungsweg vorsah, keine Stütze.
Im Streitfall konnte offenbleiben, ob dem Grunde nach die Rechtsfigur des abgekürzten Leistungswegs im Rahmen von § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG einen tatsächlich nicht stattgefundenen Übergang des Geschäftsanteils zu fingieren geeignet ist. Es war auch nicht mehr von Bedeutung, ob den verbleibenden Gesellschaftern der GmbH aus dem Vorgang ein vermögenswerter Vorteil zugekommen war oder ob sie sogar als wirtschaftliche Eigentümer dieses Geschäftsanteils zu betrachten sein könnten. Ungeachtet dessen war der Vorgang auch deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerbar, weil es sich um einen von dieser Vorschrift nicht erfassten derivativen Erwerb handelt.
Im Streitfall konnte ferner offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO angenommen werden könnte, wenn das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung allein der äußeren Form nach in das Rechtskleid eines Kaufvertrags gehüllt wird, ohne dass dieser inhaltlich von einem Ausscheiden gegen Abfindung zu unterscheiden wäre. In der Veräußerung eines Geschäftsanteils an einen Treuhänder, damit dieser den Geschäftsanteil interimsweise bis zum Eintritt eines neuen Gesellschafters hält und verwaltet, kann der BFH jedenfalls keinen Missbrauch zu erkennen. Das gilt erst recht, wenn der Geschäftsanteil zu demselben Preis veräußert werden muss, zu dem er erworben wurde, ohne dass ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestünde.
Der Vorgang war im Streitfall auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten In subjektiver Hinsicht ist ein (einseitiger) Wille des Zuwendenden zur (Teil-)Unentgeltlichkeit seiner Leistung erforderlich. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn und soweit der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten. Im Streitfall war in dem Poolvertrag das Schicksal des Geschäftsanteils des jeweiligen Gesellschafters bei Erreichen der Altersgrenze bereits im Einzelnen geregelt. Alle Vermögensverschiebungen beruhten auf vertraglicher Verpflichtung, die ihrerseits angesichts der Verknüpfung mit dem ursprünglichen Erwerb des Geschäftsanteils schon objektiv eine Unentgeltlichkeit nicht erkennen ließ. Erst recht fehlte es an dem Willen zur Unentgeltlichkeit.
Verlag Dr. Otto Schmidt
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 7 S. 1
AO § 39 Abs 2, § 174 Abs 5 S 2, § 42
Die Frage, ob und auf wen schenkungsteuerlich ein Geschäftsanteil übergeht, ist nach dem Zivilrecht zu beurteilen. Denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer knüpft grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist daher regelmäßig nicht anwendbar. So kommt es auch bei anderen Tatbeständen der Schenkungsteuer für die Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, grundsätzlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist, denn die Schenkungsteuer ist eine Verkehrsteuer.
Für Treuhandverhältnisse an jedwedem Treugut, mithin auch an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, gilt nichts anderes. Geht es im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer um die Frage der Rechtszuständigkeit an dem Treugut, so bleibt maßgebend, wer zivilrechtlicher Rechtsinhaber ist. Das ist regelmäßig der Treuhänder. Die abweichende Zurechnungsvorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 AO betrifft eine besondere Form wirtschaftlichen Eigentums und ist im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht grundsätzlich ebenso wenig anwendbar wie § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO insgesamt.
Auch § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG bietet keine Grundlage, für den Übergang eines Gesellschaftsanteils nicht --wie regelmäßig-- an den Erwerb zivilrechtlichen Eigentums, sondern --ausnahmsweise-- an den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums anzuknüpfen. Die Wortwahl "Übergang des Anteils" ist eine originär zivilrechtliche. Eine den Prinzipien der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuwiderlaufende rein wirtschaftliche Betrachtung, die die bei allen Vertragsbeteiligten eintretenden wirtschaftlichen Vor- und Nachteile beleuchtete, hätte einer besonderen gesetzlichen Anordnung bedurft. Insbesondere gibt § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG für die Besteuerung einer etwaigen bei einem Dritten eingetretenen Bereicherung keine Handhabe, da die Vorschrift nicht an die Bereicherung, sondern an den Anteilserwerb anknüpft.
Nach diesen Maßstäben hatte im Streitfall nicht der Steuerpflichtige, sondern der Pooltreuhänder den GmbH - Geschäftsanteil erworben, so dass der Vorgang bei dem Steuerpflichtigen nicht nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerbar ist. Denn der Pooltreuhänder war zivilrechtlicher Eigentümer geworden. Die Annahme des FA, in Wahrheit sei lediglich der über die verbleibenden Gesellschafter verlaufende Leistungsweg abgekürzt worden, fand in dem Poolvertrag, der von vornherein den tatsächlich gewählten Übertragungsweg vorsah, keine Stütze.
Im Streitfall konnte offenbleiben, ob dem Grunde nach die Rechtsfigur des abgekürzten Leistungswegs im Rahmen von § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG einen tatsächlich nicht stattgefundenen Übergang des Geschäftsanteils zu fingieren geeignet ist. Es war auch nicht mehr von Bedeutung, ob den verbleibenden Gesellschaftern der GmbH aus dem Vorgang ein vermögenswerter Vorteil zugekommen war oder ob sie sogar als wirtschaftliche Eigentümer dieses Geschäftsanteils zu betrachten sein könnten. Ungeachtet dessen war der Vorgang auch deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerbar, weil es sich um einen von dieser Vorschrift nicht erfassten derivativen Erwerb handelt.
Im Streitfall konnte ferner offenbleiben, unter welchen Voraussetzungen ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO angenommen werden könnte, wenn das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung allein der äußeren Form nach in das Rechtskleid eines Kaufvertrags gehüllt wird, ohne dass dieser inhaltlich von einem Ausscheiden gegen Abfindung zu unterscheiden wäre. In der Veräußerung eines Geschäftsanteils an einen Treuhänder, damit dieser den Geschäftsanteil interimsweise bis zum Eintritt eines neuen Gesellschafters hält und verwaltet, kann der BFH jedenfalls keinen Missbrauch zu erkennen. Das gilt erst recht, wenn der Geschäftsanteil zu demselben Preis veräußert werden muss, zu dem er erworben wurde, ohne dass ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestünde.
Der Vorgang war im Streitfall auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten In subjektiver Hinsicht ist ein (einseitiger) Wille des Zuwendenden zur (Teil-)Unentgeltlichkeit seiner Leistung erforderlich. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn und soweit der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten. Im Streitfall war in dem Poolvertrag das Schicksal des Geschäftsanteils des jeweiligen Gesellschafters bei Erreichen der Altersgrenze bereits im Einzelnen geregelt. Alle Vermögensverschiebungen beruhten auf vertraglicher Verpflichtung, die ihrerseits angesichts der Verknüpfung mit dem ursprünglichen Erwerb des Geschäftsanteils schon objektiv eine Unentgeltlichkeit nicht erkennen ließ. Erst recht fehlte es an dem Willen zur Unentgeltlichkeit.