Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten
BFH 14.4.2016, III R 23/14Die Kläger sind Eltern eines im September 2002 geborenen Sohnes und wurden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2009 hatte der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Die Klägerin war im gesamten Jahr arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld sowie eine Abfindung. Im Laufe des Streitjahres bemühte sie sich nachweislich mittels zahlreicher Bewerbungen durchgängig um eine erneute Anstellung. Seit Anfang 2010 ist sie aufgrund einer im Oktober 2009 erhaltenen Stellenzusage wieder erwerbstätig.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger Kinderbetreuungskosten i.H.v. letztlich 1.917 € geltend. Die Kosten waren in den Monaten Januar bis August 2009 für die ganztägige Unterbringung des Sohnes im Kindergarten entstanden und in den Monaten September bis Dezember 2009 für eine Schülerbetreuung. Eine vorzeitige Kündigung durch die Erziehungsberechtigten war in beiden Fällen nicht möglich.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Kinderbetreuungskosten als erwerbsbedingt anerkannt werden könnten, wenn eine Erwerbstätigkeit durch die Arbeitslosigkeit vorübergehend unterbrochen werde. Entsprechend den Ausführungen in Rz 23 und 24 des BMF-Schreibens vom 19.1.2007 und aufgrund der irrtümlichen Annahme, dass die Klägerin im Januar 2009 noch erwerbstätig gewesen sei, erkannte die Behörde Kinderbetreuungskosten für die Monate Januar bis Mai 2009 i.H.v. 520 € an und wies den weitergehenden Einspruch (Betreuungskosten für Juni bis Dezember 2009) als unbegründet zurück.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Kinderbetreuungskosten können auch dann nach § 9c Abs. 1 EStG 2009 a.F. "wie" Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie durch eine erst angestrebte Tätigkeit veranlasst sind.
Der Grundsatz, dass die Veranlassung durch eine bereits beendete oder eine erst angestrebte Tätigkeit für den Abzug von Werbungskosten genügt, gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber Aufwendungen, die - wie Kinderbetreuungskosten im Streitjahr - sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind, nicht "als" Werbungskosten einstuft, sondern zum Abzug "wie Werbungskosten" zulässt. Das Veranlassungsprinzip wird durch § 9c EStG nicht dahin eingeschränkt, dass der Abzug von Kinderbetreuungskosten eine gleichzeitige Erwerbstätigkeit voraussetzt.
Der Wortlaut des § 9c Abs. 1 S. 1 EStG, wonach die Betreuungsaufwendungen "wegen einer Erwerbstätigkeit ... anfallen" müssen, stellt auf die Kausalität zwischen Erwerbstätigkeit und Aufwendungen ab, und nicht - wie z.B. die Formulierungen "während einer Erwerbstätigkeit" oder "wegen einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit" - auf deren zeitliche Beziehung. Er schränkt mithin nicht den Grundsatz ein, dass eine Veranlassung der Aufwendungen durch eine bereits abgeschlossene oder eine künftige Erwerbstätigkeit genügen kann. Nichts anderes folgt aus § 9c Abs. 1 S. 2 EStG. Danach ist zwar für den Fall des Zusammenlebens der Elternteile vorausgesetzt, dass beide Elternteile "erwerbstätig sind". Dies ist aber nicht so zu verstehen, dass eine Erwerbstätigkeit von beiden Elternteilen in demselben Zeitraum ausgeübt werden muss, in dem die Kinderbetreuung stattfindet.
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