02.03.2017

EuGH stärkt Verbraucherrechte in Sachen Kundenservice: Hotline-Anrufe dürfen nicht mehr kosten als gewöhnliche Anrufe

Die Kosten eines Anrufs unter einer Kundendiensttelefonnummer dürfen nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs. Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen, könnten die Verbraucher davon abgehalten werden, die Service-Rufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, etwa in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen.

EuGH 2.3.2017, C-568/15
Der Sachverhalt:
Das beklagte deutsche Unternehmen comtech vertreibt Elektro- und Elektronikartikel. Es wies auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sog. 0180-Nummer ist, wie sie in Deutschland allgemein für Service-Dienste verwendet wird und für die ein deutschlandweiter Tarif gilt.

Die Kosten für einen Anruf unter dieser (geografisch nicht gebundenen) Sondernummer liegen bei 0,14 € pro Minute für einen Anruf aus dem deutschen Festnetz und 0,42 € pro Minute für einen Anruf aus einem Mobilfunknetz, und damit höher als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs unter einer (geografischen) Festnetz- oder einer Mobilfunknummer. Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt a.M. nimmt die Beklagte auf Unterlassung dieser - ihrer Ansicht nach unlauteren - Geschäftspraxis in Anspruch.

Das mit der Sache befasste LG ersuchte den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens, vorab die Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher auszulegen. Nach dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Verbraucher nicht verpflichtet sind, für Anrufe über eine Telefonleitung, die der Unternehmer eingerichtet hat, um im Hinblick auf mit Verbrauchern geschlossene Verträge kontaktiert zu werden, mehr als den Grundtarif zu zahlen. Der Begriff "Grundtarif" wird in der Richtlinie jedoch nicht definiert.

Gründe:
Der Begriff "Grundtarif" ist dahin auszulegen, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen.

Der "Grundtarif" entspricht im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Sowohl der Zusammenhang, in dem dieser Begriff in der Richtlinie verwendet wird, als auch der Zweck der Richtlinie, der darin besteht, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, bestätigen, dass der Begriff in diesem üblichen Sinn zu verstehen ist.

Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf, könnten die Verbraucher nämlich davon abgehalten werden, die Service-Rufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, etwa in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen. Soweit die Grenze der Kosten eines gewöhnlichen Anrufs beachtet wird, ist es im Übrigen unerheblich, ob der betreffende Unternehmer mit der Service-Rufnummer Gewinne erzielt.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 21 vom 2.3.2017
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