04.12.2020

EuGH-Vorlage: Branntweinsteuerpflicht von Aromen - Einreihung von Vanille-Extrakt

Es kommt für die Lösung des Streitfalls auf die Reichweite der Befreiung von Aromen von der Branntweinsteuer gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie (EWG) Nr. 92/83 des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke - RL 92/83 - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 31.10.1992 Nr. L 316/21) an, bei dessen Auslegung der Senat ebenfalls Zweifel hat.

BFH v. 7.7.2020 - VII R 44/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte am 10.2.2016 "Mischungen von Riechstoffen und Mischungen auf der Grundlage eines oder mehrerer dieser Stoffe, von der als Rohstoffe in der Lebensmittelindustrie verwendeten Art (hier: Vanille-Extrakt") unter der zollfreien Unterposition (Unterpos.) 3302 10 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet. Dabei handelt es sich um ein ursprünglich mittels eines Lösungsmittels (nach den Angaben der Klägerin mittels Ethanols) aus der Pflanze (Vanilleschote) gewonnenes, stark riechendes, zähflüssiges, dunkelbraunes Produkt mit Ursprung in Madagaskar, das anschließend in der Schweiz mit Alkohol und Wasser verdünnt und in die EU eingeführt wird. Danach ist die Ware goldbraun und dünnflüssig und riecht stark nach Vanille. Nach der Verdünnung besteht sie aus rund 90 % (v/v) bzw. 85 % (m/m) Ethanol, 4,8 % (m/m) Trockenrückstand und bis zu 10 % (m/m) Wasser und verfügt über einen durchschnittlichen Vanillin-Gehalt von 0,5 % (m/m).

Nachdem das Hauptzollamt zunächst nur Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt hatte, erhob es später noch Branntweinsteuer nach, weil es nunmehr davon ausging, dass die Ware in die Unterpos. 1302 19 05 KN (Zollsatz 3 %) einzureihen sei und damit auch der Branntweinsteuer unterliege. Das FG urteilte, die Nacherhebung von Zoll und Branntweinsteuer sei rechtmäßig. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Gründe:
Nach Auffassung des Senats ist für die Lösung des Streitfalls die KN nach der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1754 der Kommission vom 06.10.2015 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Union - AblEU - vom 30.10.2015 Nr. L 285, 1) maßgeblich. Insbesondere kommt es auf den jeweiligen Anwendungsbereich der Pos. 1302, 3301 und 3302 KN und der Unterpos. 1302 19 05 KN, 3301 90 30 KN und 3302 10 90 KN an. Bei deren Auslegung bestehen Zweifel, die für den Streitfall entscheidungserheblich sind. Außerdem kommt es für die Lösung des Streitfalls auf die Reichweite der Befreiung von Aromen von der Branntweinsteuer gemäß Art. 27 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie (EWG) Nr. 92/83 des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke - RL 92/83 - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 31.10.1992 Nr. L 316/21) an, bei dessen Auslegung der Senat ebenfalls Zweifel hat.

Der Senat legt dem EuGH gem. Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Ist die Unterpos. 1302 19 05 KN dahingehend auszulegen, dass darin auch ein mit Ethanol und Wasser verdünntes, extrahiertes Vanille-Oleoresin bestehend aus rund 90 % (v/v) bzw. 85 % (m/m) Ethanol, bis zu 10 % (m/m) Wasser, 4,8 % (m/m) Trockenrückstand und 0,5 % (m/m) Vanillin einzureihen ist, obwohl nach der Anm. 1 Buchst. ij zu Kap. 13 KN extrahierte Oleoresine nicht zu Pos. 1302 KN gehören?

2. Gehören zu den extrahierten Oleoresinen im Sinne der Unterpos. 3301 90 30 KN Waren wie in der ersten Vorlagefrage beschrieben?

3. Ist die Unterpos. 3302 10 90 KN dahingehend auszulegen, dass Waren wie in der ersten Vorlagefrage beschrieben als eine Mischung von Riechstoffen oder eine Mischung (einschließlich alkoholischer Lösungen) auf der Grundlage eines oder mehrerer dieser Stoffe, von der als für die Lebensmittelindustrie verwendeten Art, einzureihen sind?

4. Gehören zu den Aromen im Sinne des Art. 27 Abs. 1 Buchst. e RL 92/83 auch Waren der Unterpos. 1302 19 05 KN oder extrahiertes Oleoresin der Unterpos. 3301 90 30 KN?
BFH online
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