EuGH-Vorlage: Höchstbetragsberechnung gem. § 34c EStG 2002 gemeinschaftsrechtswidrig?
BFH 9.2.2011, I R 71/10Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Streitjahr erzielten sie Kapitaleinkünfte u.a. aus Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften in den Niederlanden, in Frankreich und Luxemburg sowie auch in der Schweiz, den USA und in Japan. Dabei erlangten sie Dividenden von insgesamt 24.111 € bei Beteiligungsaufwand von insgesamt 2.129 €. Die darauf entfallenden ausländischen Steuern beliefen sich auf insgesamt 2.853 €.
Die Kläger beanstanden, dass das Finanzamt die anrechenbare ausländische Steuer im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gem. § 34c Abs. 1 S. 2 EStG 2002 nur mit 1.282 € ermittelte; die Nichtberücksichtigung der "überschießenden" ausländischen Quellensteuern von 1.571 € sei jedenfalls insoweit gemeinschafts- (und ggf. verfassungs-)rechtswidrig, als sich infolge der entsprechenden ausländischen Einkünfte die deutsche Einkommensteuer erhöhe.
Das FG wies die gegen die Steuerfestsetzung gerichtete Klage ab. Mit ihrer Revision erstreben die Kläger u.a. die Herabsetzung ihrer Steuerschuld um 1.200 €, hilfsweise die Entscheidung des EuGH wegen Verstoßes von § 34c EStG 2002 gegen die Kapitalverkehrsfreiheit einzuholen. Der BFH hat dem EuGH sinngemäß die Rechtsfrage vorgelegt, ob die Regelungen in § 34c EStG über die Anrechnung ausländischer Steuern auf die festgesetzte deutsche Einkommensteuer in Einklang mit den unionsrechtlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten steht.
Die Gründe:
Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der im Leitsatz genannten Vorlagefrage abhängig. Sofern diese Frage zu bejahen ist, muss das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage entsprochen werden. Ist die Frage aber zu verneinen, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Erwirtschaften Personen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, im Ausland Einkünfte und zahlen sie darauf im Ausland Steuern, dann können diese Steuern unter bestimmten Voraussetzungen auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden, um eine doppelte Besteuerung der ausländischen Einkünfte in Deutschland und im Ausland zu vermeiden. Die Steueranrechnung ist aber der Höhe nach beschränkt, und zwar auf einen Anrechnungshöchstbetrag.
Dieser Höchstbetrag ist in einer Verhältnisrechnung zu ermitteln: Die deutsche Einkommensteuer, die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens einschließlich der ausländischen Einkünfte ergibt, wird im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt. Im Ergebnis hat das zur Folge, dass vor allem solche privat veranlasste Ausgaben der Lebensführung, die vom Steuerpflichtigen im Inland steuerlich als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, teilweise auch auf die ausländischen Einkünfte entfallen und dadurch das Anrechnungsvolumen mindern.
Der BFH hält es für möglich, dass diese "Teilhabe" der ausländischen Einkünfte an jenen Abzugsposten unionsrechtlichen Anforderungen nicht standhält. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind derartige privat veranlasste Abzugsposten vorrangig vom Wohnsitzstaat zu berücksichtigen, nicht aber von demjenigen Staat, in dem die betreffenden Einkünfte erwirtschaftet werden.
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