13.06.2018

EuGH-Vorlage: Kann ein Gebrauchtwagenhändler ein Kleinunternehmer sein?

Der BFH hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der sog. Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abzustellen ist. Dies beruht darauf, dass an der Auslegung des Art. 288 S. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, an deren Vorgaben sich das nationale Umsatzsteuerrecht aufgrund einer europarechtlichen Harmonisierung zu orientieren hat, Zweifel bestehen. Der Vorlagebeschluss ist für die Umsatzbesteuerung im Handel mit gebrauchten Gegenständen von großer Bedeutung.

BFH 7.2.2018, XI R 7/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger führte steuerbare, der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.2.2005 unterliegende Umsätze im Rahmen eines Gebrauchtwagenhandels aus. Die 2009 und im Streitjahr 2010 erzielten Umsätze betrugen bei einer Berechnung nach vereinnahmten Entgelten 27.358 € (für 2009) bzw. 25.115 € (für 2010). Die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Umsätze ermittelte der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen gem. § 25a Abs. 3 UStG nach dem Differenzbetrag (Handelsspanne) mit 17.328 € (für 2009) und 17.470 € (für 2010). Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer i.S.d. § 19 UStG sei.

Für das Jahr 2009 stellte die deutsche Finanzverwaltung in Abschn. 251 Abs. 1 S. 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 hinsichtlich der Ermittlung des für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Gesamtumsatzes i.S.v. § 19 Abs. 3 S. 1 UStG u.a. in Fällen der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) ebenfalls auf die Handelsspanne ab. Dagegen stellte das BMF-Schreiben vom 16.6.2009 (IV B 9 - S 7360/08/10001 - BStBl I 2009, 755) für diese Fälle ab dem Jahr 2010 auf die vereinnahmten Entgelte ab. Mit Wirkung vom 1.1.2010 war Abschn. 251 Abs. 1 S. 4 UStR 2008 nicht mehr anzuwenden. Dem entspricht Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010, der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung u.a. für die Fälle der Differenzbesteuerung bei Wiederverkäufern i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG bestimmt, dass sich der Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 3 S. 1 UStG nach den vereinnahmten Entgelten und nicht nach der Summe der Differenzbeträge richtet.

Das Finanzamt folgte dieser Verwaltungsauffassung und versagte im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Der Gesamtumsatz des Klägers habe in dem Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahr 2009 gemessen an den vereinnahmten Entgelten über der Grenze von 17.500 € gelegen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es war der Ansicht, dass in Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG die vereinnahmten Entgelte, die über die Differenzbeträge i.S.d. § 25a Abs. 3 UStG hinausgingen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 UStG unberücksichtigt zu lassen seien.

Auf die Revision des Finanzamtes setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der sog. Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abzustellen ist.

Gründe:
Der Senat hält es für erforderlich, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu der Frage zu ersuchen, ob in Fällen der Differenzbesteuerung nach Art. 311 ff. der Richtlinie 2006/112/EG die Bestimmung des Art. 288 S. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen ist, dass für die Bemessung des danach maßgeblichen Umsatzes bei der Lieferung von Gegenständen nach Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG gem. Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne) abzustellen ist.

Der Senat, der dazu neigt, zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen auf die Differenzbeträge abzustellen, hält eine Klärung durch den EuGH für erforderlich. Dies beruht darauf, dass an der Auslegung des Art. 288 S. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, an deren Vorgaben sich das nationale Umsatzsteuerrecht aufgrund einer europarechtlichen Harmonisierung zu orientieren hat, Zweifel bestehen.

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BFH PM Nr. 33 vom 13.6.2018
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