EuGH-Vorlage zur Abgabe von Zytostatika im Krankenhaus
BFH 15.5.2012, V R 19/11Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH und Trägerin eines Krankenhauses. In den Streitjahren 2005 und 2006 behandelte die Klägerin bzw. sog. ermächtigte Krankenhausärzte Krebspatienten im Rahmen von Chemotherapien. Die dabei an die Patienten verabreichten Zytostatika wurden von der Klägerin in der von ihr betriebenen Krankenhausapotheke nach ärztlicher Verordnung individuell für den jeweiligen Patienten hergestellt.
Diese Zytostatika wurden nicht nur bei stationären Behandlungen, sondern auch bei ambulanten Heilbehandlungsleistungen verwendet. Die Klägerin ging davon aus, dass auch die Abgabe für ambulante Behandlungen steuerfrei sei. Das Finanzamt war demgegenüber - aufgrund einer Neuregelung in Abschn. 100 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 (einer die Gerichte nicht bindenden Verwaltungsanweisung) - der Auffassung, dass nur die ambulante Behandlung selbst, nicht aber auch die Lieferung der Medikamente für ambulante Behandlungen steuerfrei sei.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes setzte der BFH das Verfahren aus und legte es dem EuGH u.a. mit der Frage, ob die Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheken bei ambulanten Behandlungen in Krankenhäusern umsatzsteuerfrei ist, zur Vorabentscheidung vor.
Die Gründe:
Die ambulante Behandlung im Rahmen der sog. Chemotherapie wird durch den Krankenhausträger selbst oder durch sog. ermächtigte Krankenhausärzte erbracht. In beiden Fällen liefert der Krankenhausträger die in einer Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika. In beiden Fällen kann die Lieferung infolgedessen als mit der ambulanten Heilbehandlung eng verbundener Umsatz steuerfrei sein.
Der Entscheidung durch den EuGH bedarf es deshalb, weil die Vorschriften des nationalen Umsatzsteuerrechts in Übereinstimmung mit den Vorgaben des EU-Rechts, hier der Richtlinie 77/388/EWG, auszulegen sind und im Hinblick auf den Umfang der Steuerfreiheit nach der Richtlinie durch den EuGH zu klärende Auslegungszweifel bestehen. Infolgedessen wurden dem EuGH folgende drei Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
Muss es sich bei dem eng verbundenen Umsatz um eine Dienstleistung gem. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG handeln?
Falls Frage 1 zu verneinen ist: Liegt ein mit einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz nur vor, wenn dieser Umsatz durch denselben Steuerpflichtigen erbracht wird, der auch die Krankenhausbehandlung oder ärztliche Heilbehandlung erbringt?
Falls Frage 2 zu verneinen ist: Liegt ein eng verbundener Umsatz auch dann vor, wenn die Heilbehandlung nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1b der Richtlinie 77/388/EWG, sondern nach Buchst. c dieser Bestimmung steuerfrei ist?
Hintergrund:
Die EuGH-Entscheidung wird voraussichtlich von allgemeiner Bedeutung für die Umsatzbesteuerung von Krankenhausapotheken sein. Nicht streitig ist demgegenüber die Lieferung von Zytostatika bei stationären Behandlungen. Derartige Lieferungen sind auch nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerfrei. Der Streitfall betrifft auch nicht die Lieferung von Zytostatika durch andere Apotheken als Krankenhausapotheken.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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