13.12.2017

EuGH-Vorlage zur Steuerbefreiung medizinischer Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik

Der BFH hat Zweifel, ob von einem Laborarzt an ein Laborunternehmen ausgeführte medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten dienen, von der Umsatzsteuer befreit sind. Er hat den EuGH diesbezüglich um Klärung gebeten.

BFH 11.10.2017, XI R 23/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik. Er fertigte in den Streitjahren 2009 bis für ein in privatrechtlicher Form organisiertes Labor medizinische Analysen, die außerhalb der Praxisräume des sie anordnenden praktischen Arztes durchgeführt wurden. Soweit er im Übrigen dem Labor organisatorisches Wissen zur Verfügung stellte, die Optimierung von labororganisatorischen Abläufen unterstützte und bei Bedarf in einer Transfusionskommission mitarbeitete, hat das FG dies dahingehend gewürdigt, dass solche Leistungen als Nebenleistungen dem Zweck dienten, dass das Labor die Hauptleistungen des Klägers unter optimalen Bedingungen hat in Anspruch nehmen können.

Der Kläger ging davon aus, dass diese Umsätze gegenüber dem Labor als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gem. § 4 Nr. 14a S. 1 UStG steuerfrei seien, und gab folglich für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab. Das Finanzamt behandelte die betreffenden Umsätze dagegen als steuerpflichtig und erließ für die Streitjahre Schätzungsbescheide über Umsatzsteuer auf Basis der Nettohonorare. Leistungen von klinischen Chemikern und Laborärzten beruhten demnach nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten, das aber Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a S. 1 UStG sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Anwendung des Art. 132 Abs. 1c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) durch Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL ausgeschlossen ist, d.h. solche Leistungen nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14b UStG, Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit sind. Falls Art. 132 Abs. 1c MwStSystRL anwendbar ist, stellt sich die Frage, ob die betreffende Steuerbefreiung -wie das Finanzamt meint- ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Behandelndem voraussetzt.

Gründe:
Der Senat hat Zweifel, ob von einem Laborarzt an ein Laborunternehmen ausgeführte medizinische Analysen, die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung von Patienten dienen, von der Umsatzsteuer befreit sind. Grundsätzlich vertritt er aber die die Auffassung, dass die Leistungen als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt wurden, den Tatbestand der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14a S. 1 UStG, Art. 132 Abs. 1c MwStSystRL erfüllen.

Nach Art. 132 Abs. 1c MwStSystRL sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, steuerfrei; dem entspricht § 4 Nr. 14a S. 1 UStG. Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL regelt demgegenüber die Steuerbefreiung von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder in sozialer Hinsicht vergleichbaren anderen anerkannten Einrichtungen bewirkt werden. Dies soll durch § 4 Nr. 14b UStG umgesetzt werden, der die Steuerbefreiung an weitere Voraussetzungen knüpft; nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (BTDrucks 16/10189, S. 75) können medizinische Versorgungszentren, Einrichtungen von Laborärzten oder klinischen Chemikern sowie Praxiskliniken unter diese Vorschrift fallen.

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BFH PM Nr. 76 vom 13.12.2017
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