EuGH-Vorlage zur Umsatzbesteuerung von Vereinen
BFH 21.6.2018, V R 20/17Bei dem Kläger handelt es sich um einen Golfverein, der im Streitjahr 2011 nicht als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO anerkannt war. Der Kläger erbrachte verschiedene Leistungen gegen gesondert vereinbartes Entgelt. Dabei handelte es sich insbesondere um die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee), um die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten und um die Durchführung von Golfturnieren, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Das Finanzamt sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es bejahte eine Steuerfreiheit, die sich zwar nicht aus dem nationalem Recht, aber aus dem Unionsrecht und dabei aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergebe. Dagegen wendet sich das Finanzamt mit seiner Revision.
Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor.
- 1. Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, nach dem "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben", unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
- 2. Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der "Einrichtung ohne Gewinnstreben" i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL um
- - einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff oder
- - sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 i.V.m. § 55 AO (oder den §§ 51 ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?
- 3. Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
Die Gründe:
Es bestehen Zweifel daran, dass sich eine Steuerfreiheit aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL ergibt.
Denn aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 15.2.2017, C-592/15) kann abgeleitet werden, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung zukommt, so dass sich Steuerpflichtige auf diese Bestimmung nicht berufen können, um sich gegen eine Steuerpflicht nach nationalem Recht zu wehren.
Sollte der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verneinen, würde dies zu einer Rechtsprechungsänderung führen. Denn der BFH hat in der Vergangenheit eine unmittelbare Wirkung und Berufbarkeit bejaht. Dies führte insbesondere zu einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Steuerfreiheit für die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes (Greenfee) und für die leihweise Überlassung von Golfbällen. Nicht streitig war vorliegend, ob Golfvereine, die von ihren Mitgliedern Vereinsbeiträge erheben, auch insoweit steuerpflichtige Leistungen erbringen.
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