EuGH-Vorlage zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
BFH 5.6.2014, XI R 31/09Das Verfahren betrifft die Höhe des Vorsteuerabzugs im Jahr 2004 aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte.
Da in diesen Fällen der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen (hier Baumaterial, Handwerkerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze (hier: Vermietungsumsätze) verwendet werden, müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG mit Wirkung vom 1.1.2004 ist dabei eine Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraussichtlichen) steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. "Umsatzschlüssel") nur noch nachrangig zulässig.
Die Klägerin ermittelte die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 - wie in den Vorjahren - nach dem Umsatzschlüssel. Das Finanzamt legte dagegen der Vorsteueraufteilung den (für die Klägerin ungünstigeren) Flächenschlüssel zugrunde. Ferner verlangte das Finanzamt im Wege der Vorsteuerberichtigung einen Teil der in den vergangenen Jahren (seit Beginn der Baumaßnahme 1999) anerkannten Vorsteuerbeträge von der Klägerin zurück, weil auch insoweit nunmehr der Flächenschlüssel gelte.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Die Gründe:
Mit der ersten Vorlagefrage möchte der BFH klären, ob bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Weiter ist zu klären, ob dies entsprechend für Vorsteuern auf laufende Kosten gilt. Dies war in einem zu § 15 Abs. 4 S. 3 UStG ergangenen EuGH-Urteil offen geblieben.
Im Hinblick auf die Vorsteuerberichtigung bzgl. zurückliegender Jahre hat der BFH in mehrfacher Hinsicht Zweifel, ob dies mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Ändern sich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Insoweit stellt sich die zweite Vorlagefrage, ob eine solche Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich auch dann vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (wie die Klägerin) die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und Deutschland mit § 15 Abs. 4 S. 3 UStG nachträglich einen anderen vorrangigen Aufteilungsschlüssel vorschreibt.
Sollte dies zu bejahen sein, möchte der BFH mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten eines Steuerpflichtigen entgegenstehen. Der deutsche Gesetzgeber könnte gegen diese Grundsätze insbes. dadurch verstoßen haben, dass er bei Einfügung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG keine Übergangsregelung getroffen hat, die dem begründeten Vertrauen der Unternehmer, auf Eingangsleistungen vor der Gesetzesänderung den Umsatzschlüssel anwenden zu dürfen, Rechnung trägt.
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