05.03.2014

EuGH-Vorlagen zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur Organschaft

Der BFH hat dem EuGH drei Fragen zum Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding und zur Organschaft vorgelegt. Unklar ist aus Sicht des BFH u.a., nach welchen unionsrechtlichen Kriterien möglicherweise die Aufteilung eines anteiligen Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist.

BFH 11.12.2013, XI R 17/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Bei einer Führungsholding handelt es sich um eine Gesellschaft, die über das Halten von Beteiligungen an Tochtergesellschaften hinaus auch aktiv in das laufende Tagesgeschäft dieser Tochtergesellschaften eingreift. In den Streitfällen erbrachten die Führungsholdings an ihre Tochter-Personengesellschaften entgeltliche administrative und kaufmännische Dienstleistungen.

Zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit und des Erwerbs der Anteile an den Tochtergesellschaften bezogen die Holdings ihrerseits Dienstleistungen von anderen Unternehmen (wie z.B. die Erstellung eines Ausgabeprospekts und Rechtsberatungsleistungen). Die Holdings begehrten für diese mit Umsatzsteuer belasteten Dienstleistungen den vollen Vorsteuerabzug. Weil das reine Halten von Anteilen an Tochtergesellschaften nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, war das Finanzamt dagegen der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug nur anteilig gewährt werden kann.

Während das FG der Klage der Klägerin, einer Aktiengesellschaft, im Verfahren XI R 38/12 stattgab, wies das FG die Klage der klagenden GmbH & Co. KG in der Sache XI R 17/11 ab. Hiergegen wenden sich die Revisionen des Finanzamts (XI R 38/12) und der Klägerin des Verfahrens XI R 17/11. Der BFH setzte die Revisionsverfahren aus und legte dem EuGH drei Fragen zum Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding und zur Organschaft vorgelegt.

Die Gründe:
Unklar ist, nach welchen unionsrechtlichen Kriterien die Aufteilung eines anteiligen Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist. Dies soll mit der ersten Vorlagefrage geklärt werden: Nach welcher Berechnungsmethode ist der (anteilige) Vorsteuerabzug einer Holding aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften zu berechnen, wenn die Holding später (wie von vornherein beabsichtigt) verschiedene steuerpflichtige Dienstleistungen gegenüber diesen Gesellschaften erbringt?

Die zweite Vorlagefrage bezieht sich auf die Regelungen zur sog. Organschaft. Bei einer Organschaft ist eine Organgesellschaft in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert. In den Streitfällen begehren die Holdings jeweils hilfsweise eine solche Eingliederung der Tochter-Personengesellschaften in ihr Unternehmen anzunehmen, um die Vorsteuerbeträge in voller Höhe abziehen zu können. Nach nationalem Recht ist dies jedoch nicht möglich, da nur juristische Personen Organgesellschaften sein können.

Insofern lautet die zweite Vorlagefrage: Steht die Bestimmung über die Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG einer nationalen Regelung entgegen, nach der (erstens) nur eine juristische Person - nicht aber eine Personengesellschaft - in das Unternehmen eines anderen Steuerpflichtigen (sog. Organträger) eingegliedert werden kann und die (zweitens) voraussetzt, dass diese juristische Person finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch (im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses) "in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist"?

Für den Fall eines etwaigen Verstoßes gegen das Unionsrecht möchte der vorlegende Senat mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob sich die Holdings unmittelbar auf das für sie günstigere Unionsrecht (Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) berufen können.

Linkhinweis:

  • Die Volltexte der Entscheidungen sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung XI R 17/11 zu kommen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung XI R 38/12 zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 19 vom 5.3.2014
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