Fahrten eines Piloten zum Flughafen
Hessisches FG 23.2.2017, 1 K 1824/15Die Kläger sind Ehegatten und wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als in A. angestellter Pilot. Die Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als angestellte Flugbegleiterin in B. Beide gingen ihrer Tätigkeit von der "Home Base" in A. aus nach. Aus den Arbeitsverträgen beider Steuerpflichtigen ergab sich, dass der Flughafen jeweils als Einsatzort bezeichnet wurde. Ausweislich der vorgelegten Flugstunden-Übersichten begannen und endeten die Einsätze des Ehemanns - wenn auch nicht an jedem Arbeitstag - in der Regel am diesem Flughafen. Die Einsätze der Ehefrau begannen ebenfalls in der Regel am Flughafen.
Während die Kläger ihre Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 nach Reisekostengrundsätzen steuerlich geltend machten, berücksichtigte das Finanzamt lediglich die Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG). Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. VI R 17/17 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die geltend gemachten zusätzlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen zu Recht nicht berücksichtigt. Die Aufwendungen der Kläger für die Fahrten zwischen ihrem Wohnort und dem Flughafen in A. waren mit der vom Finanzamt bereits berücksichtigten Entfernungspauschale abgegolten. Der Flughafen war als ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers anzusehen und gleichzeitig erste Tätigkeitsstätte der Kläger, da sie dem Flughafen arbeitsvertraglich unbefristet zugeordnet waren.
Die in Ziff. 1.7 des Anhangs III Abschnitt Q OPS 1.1095 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20.08.2008 (EU-OPS; ABl. L 254 vom 20.09.2008, 1) geregelte Verpflichtung von Luftfahrtunternehmen, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis festzulegen, d.h. einen Stationierungsort i.S. eines Einsatzortes, an dem die Dienstzeiten beginnen und enden und an dem der Unternehmer grundsätzlich nicht für die Unterbringung zu sorgen hat, steht dem nicht entgegen. Vielmehr ist allein entscheidend, dass der Arbeitgeber tatsächlich eine arbeitsvertragliche Zuordnung getroffen hat, unabhängig davon, ob er gesetzlich zur Zuweisung eines Arbeitsortes verpflichtet war oder nicht.
Zu der Frage, in welchem Umfang der Arbeitnehmer an der ihm vom Arbeitgeber zugeordneten Tätigkeitsstätte tätig werden muss, um sie als erste Tätigkeitsstätte i.S.d. neuen Rechtslage qualifizieren zu können, reicht es aus, dass der Arbeitnehmer an der Einrichtung erscheint und überhaupt tätig wird. Nicht ausreichend ist dagegen eine lediglich gedankliche Zuordnung, etwa aus organisatorischen Gründen. Jedoch reicht bereits ein geringer Umfang der Tätigkeit, was im Streitfall bei beiden Ehegatten gegeben war. Sie waren dort jeweils vor und nach jedem Streckeneinsatz anwesend. Ferner fanden am Flughafen Lehrgänge, Bürotätigkeiten, Gesundheitsüberprüfungen, Bereitschaftsdienste und das Simulatortraining statt.
Die Anforderungen, die an eine erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 S. 1 bis 3 EStG zu stellen sind, sind höchstrichterlich noch nicht geklärt. So ist bereits unter dem Az. VI R 40/16 das Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG Hamburg vom 13.10.2016 (Az.: 6 K 20/16) sowie unter dem Az. VI R 6/17 das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Niedersächsischen FG vom 30.11.2016 (Az.: 9 K 130/16) anhängig.
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