08.06.2015

Falsche Angaben zu Vorschenkungen: Straflosigkeit einer mitbestraften Nachtat kann entfallen

Die unzutreffende Angabe, vom Schenker keine Vorschenkungen erhalten zu haben, stellt sowohl für die Besteuerung der Schenkung, auf die sich die Erklärung bezieht, als auch für diejenige der Vorschenkungen eine unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Eine hierdurch im Hinblick auf eine Vorschenkung begangene Steuerhinterziehung ist gegenüber einer zuvor durch Unterlassen für diese Schenkung begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer mitbestrafte Nachtat, deren Straflosigkeit entfällt, wenn die Vortat nicht mehr verfolgbar ist.

BGH 10.2.2015, 1 StR 405/14
Der Sachverhalt:
Das LG hatte die Angeklagte wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen des LG führte die Angeklagte von 2004 bis 2007 mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Generalkonsul S. eine Beziehung. Dieser finanzierte ihren kostspieligen Lebenswandel. Außerdem erhielt sie zahlreiche Schenkungen im Gesamtwert von mind. 2,5 Mio. €. Bei den Schenkungen handelte es sich um Barzuwendungen, Überweisungen, Autos, Immobilien sowie um Zahlungen für Mieten, Hotelkosten, Einkäufe und Reisen. Dabei wurde soweit möglich vermieden, in Deutschland Spuren nachvollziehbarer Zahlungsflüsse zu hinterlassen. Einkäufe in Modeboutiquen wickelte die Angeklagte mit einer schweizerischen Kreditkarte ab, die ihr S. zur Verfügung gestellt hatte.

Nachdem S. der Angeklagten im Dezember 2006 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück geschenkt hatte, gab sie im Mai 2008 hierfür eine Schenkungsteuererklärung ab, die sie erst im Juli 2008 unterzeichnete. Die darin enthaltene Frage nach Vorschenkungen verneinte sie. Sie gab vielmehr in der Steuererklärung ganz bewusst an, von dem Zuwendenden keine weiteren Schenkungen oder (teil-)unentgeltlichen Zahlungen erhalten zu haben.

Nach der Berechnung des LG hinterzog die Angeklagte dadurch Schenkungsteuer i.H.v. 768.139 €. Dieser Betrag wurde der Strafzumessung zugrunde gelegt. Auf die Revision der Angeklagten hob der BGH den Strafausspruch auf und wies die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des LG zurück. Die weitergehende Revision wurde als unbegründet verworfen.

Gründe:
Die Feststellungen des LG trugen den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch aktives Tun gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Eine Tathandlung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Dies war hier der Fall. Dabei stellt die in einer Schenkungsteuererklärung enthaltene unzutreffende Angabe, vom Schenker keine Vorschenkungen erhalten zu haben, sowohl für die Besteuerung der Schenkung, auf die sich die Erklärung bezieht, als auch für diejenige der Vorschenkungen eine unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO dar.

Eine hierdurch im Hinblick auf eine Vorschenkung begangene Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist gegenüber einer zuvor durch Unterlassen für diese Schenkung begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO mitbestrafte Nachtat, deren Straflosigkeit entfällt, wenn die Vortat nicht mehr verfolgbar ist. Eine sich aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz ergebende Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bestand nicht, weil die Angeklagte die Möglichkeit hatte, mit vollständigen und richtigen Angaben zu den Vorschenkungen zugleich die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO zu erfüllen.

Allerdings konnte der Strafausspruch keinen Bestand haben, das LG der Strafzumessung einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt hatte. Es war rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei den in einer Schenkungsteuererklärung anzugebenden Vorschenkungen um alle Schenkungen desselben Zuwendenden innerhalb eines Zehnjahreszeitraums vor Abgabe der Erklärung handelte. Zwar traf es zu, dass die Schenkungsteuer anhand eines zehn Jahre in die Vergangenheit reichenden Zeitraums zu bemessen war. Maßgeblicher Stichtag für die Anwendung des § 14 ErbStG war dabei aber nicht der Zeitpunkt der Abgabe der Schenkungsteuererklärung, sondern derjenige der Entstehung der Steuer des letzten Erwerbs, auf den sich die Schenkungsteuererklärung bezogen hatte. Dies war hier die Grundstücksschenkung aus Dezember 2006. Bei allen nach diesem Zeitpunkt erfolgten Schenkungen an die Angeklagte handelt es sich somit um Nachschenkungen, die in der sich auf die Grundstücksschenkung beziehenden Schenkungsteuererklärung nicht anzugeben waren.

Linkhinweis:

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