Fehlende Einkünfteerzielungsabsicht einer GmbH & Co. KG aus Vermietung und Verpachtung
FG Nürnberg v. 3.12.2019 - 1 K 1683/18Der Kläger war im Streitjahr 2015 Kommanditist der im Jahr 2012 gegründeten ABC GmbH & Co. KG (KG). Im Jahr 2017 ist er aus der Gesellschaft ausgeschieden. Gegenstand der KG war laut Gesellschaftsvertrag die Verwaltung eigenen Vermögens einschließlich des Erwerbs eines Wohnhausgrundstücks und dessen Bebauung mit dem Ziel, ein Generationen übergreifendes, nachbarschaftliches miteinander Wohnen, Arbeiten und Leben zu verwirklichen. Komplementärin der KG war und ist die D-GmbH. Im Dezember 2013 wurde der Gesellschaftsvertrag abgeändert; am Geschäftszweck, ein Mehrgenerationenwohnprojekt auf einem eigenen Grundstück zu verwirklichen, änderte sich nichts. Nach § 2.5 des neugefassten Gesellschaftsvertrags wurde jedem Kommanditisten ein persönlicher, unvererblicher und unveräußerlicher Anspruch auf Zuteilung einer Wohnung zugesprochen. Gem. § 2.6 hatte die KG über die zugeteilte Wohnung mit jedem Kommanditisten einen Mietvertrag abzuschließen.
Ab dem Jahr 2014 errichtete die KG zwei Gebäude (Haus 1 und 2), wobei das Haus 1 in vollem Umfang zu Wohnzwecken vermietet werden sollte. Im Haus 2 sollten neben dauerhaften Vermietungen zu Wohnzwecken eine Ferienwohnung und ein Arbeitszimmer an eine Steuerkanzlei steuerpflichtig vermietet werden. Entsprechend dem Geschäftsmodell traten nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags in der Folge weitere Personen, die an dem Mehrgenerationen-Modell teilnahmen, als Kommanditisten in die KG ein. Im Kalenderjahr 2017 schied der Kläger aus. In der gesonderten und einheitlichen Feststellungserklärung über die Besteuerungsgrundlagen für 2015 erklärte die KG: "Neben den oben angeführten Sachverhalten (FeWo und Arbeitszimmer) hat die Gesellschaft eine Wohnung an eine "Nicht-Gesellschafterin" (die Tochter eines Anteilseigners) vermietet. Die Gesellschaft erzielt lediglich an den Selbstkosten orientierte Mieten. Eine Prognoserechnung wird demnach keinen Überschuss ergeben."
Dem lag folgender Vorgang zu Grunde: B war Gesellschafter der KG, Wohnungsnutzerin und Mieterin war jedoch dessen Tochter C. Bereits bei Eintritt des B in die KG war klargestellt worden, dass B die Wohnung nicht selbst nutzen wollte, sondern er seine Tochter als Mieterin vorschlägt. Die KG schloss daraufhin mit C einen Mietvertrag über eine Wohnung im Haus 1. Als Mietbeginn wurde der 1.12.2015 und eine Monatsmiete i.H.v. rd. 500 € vereinbart; Betriebskosten sollten gesondert abgerechnet werden. Der Quadratmeterpreis von 6,50 € entsprach dem, den auch die anderen Bewohner des Hauses zu entrichten hatten. Im Unterschied zu den Mietverträgen der anderen Wohnungsnutzer wurde keine Nebenabrede zum Mietvertrag getroffen, in der jeweils u.a. klargestellt wurde, dass es sich bei der Miete um eine Kostenmiete zur Deckung des Kapitaldienstes und der Verwaltungskosten der Gesellschaften handeln sollte. In der mündlichen Verhandlung haben die Beigeladenen zu 1-2 in diesem Zusammenhang erklärt, dass es dem Gesamtkonzept entsprochen habe, C als Mieterin von Beginn an hinsichtlich der Berechnung des Mietpreises den übrigen Wohnungsnutzern gleichzustellen; auch sie hätte folglich von den in Zukunft voraussichtlich sinkenden Mietpreisen profitiert.
Das Finanzamt erließ für 2015 einen Feststellungsbescheid für die KG, gegen den der Kläger Einspruch einlegte, ohne sein Begehren konkret zu formulieren. Später erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in dem es den Angaben der KG in der zwischenzeitlich eingereichten Feststellungserklärung folgte; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Eine Abschrift des Feststellungsbescheides 2015 für die KG gab das Finanzamt an den Kläger bekannt. Dieser teilte daraufhin mit, dass sich sein Einspruch noch nicht erledigt habe. Das Finanzamt wies den Einspruch daraufhin zurück.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Bei der Ermittlung der Einkünfte der KG aus Vermietung und Verpachtung ist die an C vermietete Wohneinheit mit den damit verbundenen Einnahmen und Werbungskosten nicht anteilig zu berücksichtigen, da es insoweit an der Einkünfteerzielungsabsicht fehlt.
Dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) nur vorliegen, wenn Einkünfteerzielungsabsicht besteht, ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung ist nach der Rechtsprechung des BFH ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, soweit nicht besondere Anzeichen gegen diese Annahme sprechen. Hier liegen jedoch solche Anzeichen vor, aus denen sich ergibt, dass keine Überschusserzielungsabsicht der KG hinsichtlich der an C vermieteten Wohneinheit bestand. Das Gesamtkonzept der KG spricht gegen eine Einkünfteerzielungsabsicht. Unter § 5.2. des Gesellschaftsvertrags von Dezember 2013 wurde bestimmt, dass die Kommanditisten lediglich einen mtl. Beitrag zur Deckung des Kapitaldienstes und der Bewirtschaftungskosten (Kostenmiete) zu leisten hatten. Aus den Mieteinnahmen der dauerhaft in dem Projekt wohnenden Kommanditisten war und ist mithin kein Überschuss der Mieteinnahmen über die Ausgaben bzw. Kosten zu erwarten.
Aus dem "Leitbild für die Hausgemeinschaft", das die Gesellschafter der KG ausgearbeitet hatten und das als Anlage Bestandteil des Gesellschaftsvertrags wurde, ergibt sich, dass es der KG ihrem Zweck nach auch nicht um ein Gewinnstreben ging, sondern darum, im Rahmen eines Mehrgenerationenprojekts einen Rahmen für eine Hausgemeinschaft zu schaffen, die sich "als Lebensgemeinschaft versteht, die Toleranz und Offenheit einen hohen Stellenwert einräumt und einer Vielfalt von Lebensentwürfen, Vorstellungen und Werten Raum geben möchte". Dieses Leitbild sollte für alle dauerhaft auf dem Grundstück der KG wohnenden Menschen Geltung erlangen, unabhängig davon, ob sie Gesellschafter der KG waren oder nicht.
Auch hinsichtlich der an C dauerhaft vermieteten Wohnung bestand seitens der KG nicht die Absicht, einen Überschuss zu erzielen. Vielmehr sollte nach dem allgemeinen Verständnis des Projekts auch C - ohne dass C Kommanditistin gewesen ist oder sich hierzu ausdrücklich eine entsprechende Vertragsklausel im Mietvertrag findet - neben den anteiligen Betriebskosten lediglich eine Kostenmiete entrichten. Hierfür sprechen insbesondere folgende Umstände: In dem mit C vereinbarten Mietvertrag wurde die Miete in exakt der Höhe angesetzt, wie sie auch die übrigen Mieter des Hauses 1, die zugleich Kommanditisten der KG waren, zu zahlen hatten.
Die Vertreter der Beigeladenen haben glaubhaft dargelegt, dass sie es als Element des Gesamtkonzepts des Mehrgenerationenprojekts angesehen haben, dass auch die Mieterin C in den Genuss der im Laufe der Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit sinkenden Mieten kommen sollte. Hierfür spricht auch das von den Kommanditisten der KG ausgearbeitete Leitbild der Hausgemeinschaft, dem zu entnehmen ist, dass eine Gleichbehandlung der in den Mehrgenerationenhäusern wohnenden Mieter - unabhängig ob es sich hierbei um Mitgesellschafter der KG handelt oder um Gesellschafts-Fremde - beabsichtigt war und dem Selbstverständnis der Gesellschafter der KG entsprach. Es steht mithin fest, dass die Vertragsparteien die Kostenmiete als ein so wichtiges Element des Gesamtkonzepts angesehen haben, dass es einer bzgl. des mit C geschlossenen Mietvertrages keiner expliziten Einbeziehung der mit den anderen Mietern getroffenen Nebenabrede zum Mietvertrag bedurfte.