03.04.2018

Festival für elektronische Musik unterfällt nicht der Vergnügungssteuerpflicht

Der Besteuerungsgegenstand in einer Satzung (hier: Vergnügungssteuersatzung) muss unmissverständlich klarstellen, welche Darbietungen besteuert werden sollen. Der Satzungsgeber ist stets gehalten, die steuerbegründenden Tatbestände so zu umschreiben, dass ein Veranstalter von vornherein erkennen kann, ob er eine steuerpflichtige Veranstaltung organisiert.

VG Koblenz 20.3.2018, 2 L 111/18.KO
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte in den Jahren 2015, 2016 und 2017 das Festival "World of Elements" in Koblenz veranstaltet. Mit zwei Bescheiden zog die Stadt Koblenz die Antragstellerin zur Vergnügungssteuer für die Veranstaltungen in fünfstelliger Höhe heran. Der Steuerbemessung wurden die erzielten Eintrittsentgelte zugrunde gelegt und mit dem Steuersatz von 20 % belegt. Nach der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Koblenz sind nämlich u.a. Tanzveranstaltungen als Vergnügungen gewerblicher Art der Besteuerung unterworfen.

Die Antragstellerin begehrte im Eilverfahren die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Sie war der Ansicht, es habe sich um Musikveranstaltungen und damit nicht um steuerpflichtige Tanzveranstaltungen gehandelt. Die Antragsgegnerin war hingegen der Auffassung, dass das Hauptaugenmerk der Besucher des Festivals nicht auf den Künstlern, sondern auf dem Tanzen zu der abgespielten, vorgefertigten Musik ("sog. Tracks") und dem Vergnügen am Tanzen gelegen habe.

Das VG gab dem Antrag auf aufschiebende Wirkung statt. Gegen die Entscheidung kann noch Beschwerde beim OVG Rheinland-Pfalz erhoben werden.

Gründe:
Die Vergnügungssteuerbescheide sind nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren rechtswidrig. Denn die maßgebliche Bestimmung der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin ist nicht verfassungskonform.

Der Begriff der Tanzveranstaltung ist unter Berücksichtigung der aktuellen Vielfalt von Aufführungen bzw. Darbietungen, die unter diesen Begriff gefasst werden können, nicht mehr bestimmt genug, um Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung zu sein. Die von den Künstlern bei den Veranstaltungen dargebotene Musik ist zwar untrennbar als "Electronic Dance Music" bzw. als Techno mit dem Tanz verbunden. Der Besteuerungsgegenstand in der Satzung muss jedoch unmissverständlich klarstellen, welche Darbietungen besteuert werden sollen. Der Satzungsgeber ist stets gehalten, die steuerbegründenden Tatbestände so zu umschreiben, dass ein Veranstalter von vornherein erkennen kann, ob er eine steuerpflichtige Veranstaltung organisiert.

Selbst wenn die Satzungsregelung für bestimmt genug gehalten würde, ist das Festival im Lichte der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG keine steuerpflichtige Tanzveranstaltung. Dies folgt vor allem aus der auch für die Besucher erkennbaren Schwerpunktsetzung des Veranstalters, der ausführlich und prominent die Künstler und die jeweiligen Musikrichtungen beworben hat, Tanzmöglichkeiten jedoch nur in einer im Internet veröffentlichten "Story" erwähnte.

Es fehlten auch zum Tanz hergerichtete Flächen. Zudem sprachen der Zeitrahmen der Veranstaltung und deren an den Künstlern ausgerichtete Gliederung sowie die Höhe der Eintrittspreise (bis zu ca. 90 €) gegen die Annahme einer Tanzveranstaltung.

VG Koblenz PM Nr. 9 vom 27.3.2018
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