24.10.2014

Festsetzungsverjährungshemmender Antrag

Die Abgabe einer Steuererklärung ist auch dann kein Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, wenn sie zu einer Steuervergütung (§ 168 S. 2 AO) führen soll. Dies gilt auch, wenn die Erklärung zusammen mit einem Begleitschreiben eingereicht wird.

BFH 28.8.2014, V R 8/14
Der Sachverhalt:
Nach der von der klagenden GmbH durchgeführten Steuerberechnung für das Streitjahr 2003 ergab sich zu ihren Gunsten ein Vergütungsanspruch. Am 31.12.2010 ging um 23:07 Uhr per Telefax das Deckblatt einer vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 beim Finanzamt ein, mit dem sie den von ihr berechneten Vergütungsanspruch im Regelbesteuerungsverfahren geltend machte. Am gleichen Tag wurde in den Nachtbriefkasten des örtlichen Gerichtszentrums die Umsatzsteuerjahreserklärung eingeworfen. Die Umsatzsteuerjahreserklärung lag dem Finanzamt am 5.1.2011 vor.

Am 2.5.2011 reichte die Klägerin eine geänderte Umsatzsteuerjahreserklärung ein, aus der sich ein erhöhter Vergütungsanspruch ergab. Am 2.12.2011 erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuerjahresbescheid, mit dem es eine Steuervergütung von 625 € festsetzte. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren drohte das Finanzamt eine Verböserung an. Am 13.12.2012 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens erging die Einspruchsentscheidung vom 19.12.2012, mit der das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurückwies und zugleich den Umsatzsteuerbescheid vom 2.12.2011 aufhob, da dieser erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen sei.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Mit Ablauf des 31.12.2010 trat für das Streitjahr Festsetzungsverjährung ein, soweit keine Hemmung nach § 171 Abs. 3 AO vorliegt. Eine verjährungshemmende Wirkung nach dieser Vorschrift hat das FG zu Recht verneint.

Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 AO gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 3 AO insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist. Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung ist die Abgabe einer Steuererklärung auch dann kein Antrag i.S.d. § 171 Abs. 3 AO, wenn sie zu einer Erstattung führen soll. Dies gilt auch, wenn die Erklärung zusammen mit einem Begleitschreiben eingereicht wird.

In seinem Urteil vom 18.6.1991 (VIII R 54/89) hat der BFH dies damit begründet, dass als "Antrag" i.S.v. § 171 Abs. 3 AO nur solche Willensbekundungen zu verstehen sind, die ein Tätigwerden der Finanzbehörden außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandelns auslösen sollen. Die Abgabe von gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärungen gehört hierzu nicht. Denn damit erfüllt der Steuerpflichtige seine allgemeine Mitwirkungspflicht. Zudem würde, wäre eine Steuererklärung auch als "Antrag" i.S.d. § 171 Abs. 3 AO anzusehen, die zu einer Bevorzugung des pflichtwidrig handelnden gegenüber dem gesetzestreuen Bürger führen.

Diese Rechtsprechung steht nicht im Widerspruch zum Unionsrecht. Die MwStSystRL enthält zur Festsetzungsverjährung keine eigenständigen Regelungen, so dass insoweit die Regelungshoheit der Mitgliedstaaten fortbesteht. Die Ausgestaltung der nationalen Regelung verstößt nicht gegen allgemeine Rechtsgrundsätze des Unionsrechts. Es liegen insbesondere keine Verstöße gegen den Äquivalenzgrundsatz und den Effektivitätsgrundsatz vor. Auf die Fragen, ob der Nachtbriefkasten der örtlichen Justizbehörden auch als Nachtbriefkasten des Finanzamts anzusehen war und ob das Telefax eine vollständige Übermittlung enthielt, kam es vorliegend nicht an.

Linkhinweis:

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