Feststellung des Wert eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft
FG München v. 8.2.2023, 4 K 2771/21
Der Sachverhalt:
Der X. hatte am 24.7.2016 seine Beteiligung an der Y GmbH & Co. KG auf seinen Sohn, Z. übertragen. Zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörte u.a. eine Beteiligung an der Klägerin. Für Zwecke der Durchführung der Schenkungsteuerveranlagung war für Letztere eine Wertfeststellung zum Stichtag des 24.7.2016 durchzuführen. Am 15.2.2019 forderte das Finanzamt die Klägerin auf, eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts abzugeben. Unter dem Datum des 5.6.2019 reichte die Klägerin als Erklärungspflichtiger nach § 153 BewG eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts beim Beklagten ein. Diese bestand aus zwei Ausfertigungen, eine Ausfertigung betraf die bis zum 30.6.2016 geltende Rechtslage und die andere wurde unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die BVerfG-Rechtsprechung vom 4.11.2016 (ErbStAnpG 2016) erstellt. In dem Begleitschreiben beantragte die Klägerin die Anwendung der bis zum 30.6.2016 geltende Rechtslage.
Mit Feststellungsbescheid vom 17.9.2019 stellte das Finanzamt die jeweiligen Werte erklärungsgemäß fest, wobei es die nach dem ErbStAnpG 2016 ab dem 1.7.2016 geltende Rechtslage zugrunde legte. Fortan stritten die Parteien über die Rechtmäßigkeit des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG, der Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel, des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG, des jungen Verwaltungsvermögens und der Schulden (§ 13b Abs. 10 ErbStG), der Anzahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG.
Das FG wies die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Nach Ansicht des erkennenden Senats sprechen gewichtige Indizien dafür, dass die im ErbStAnpG 2016 enthaltene Rückwirkung nach den hierfür vom BVerfG aufgestellten Anforderungen zulässig ist, womit das ErbStG in der Fassung des ErbStAnpG 2016 auf den Streitfall Anwendung fand. Soweit die Klägerin die in dem ErbStAnpG 2016 enthaltene Rückwirkung für verfassungswidrig hielt, folgte ihr der Senat daher nicht.
Die in Art. 3 des ErbStAnpG 2016 und § 37 Abs. 12 ErbStG enthaltene (echte) Rückwirkung ist nach Ansicht des erkennenden Senats zulässig, weil das Vertrauen der Klägerin auf den Fortbestand der alten Rechtslage nicht schutzwürdig ist. Im Streitfall musste die Klägerin schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird (1.7.2016), mit der Änderung der Rechtslage rechnen. Nach der BVerfG-Rechtsprechung ist ab dem endgültigen Beschluss des Bundestages das Vertrauen in die (bisherige) Rechtslage zerstört. Von diesem Zeitpunkt an liegt das Zwischenergebnis des Gesetzgebungsverfahrens offen zutage und kann von jedem zur Kenntnis genommen werden. Steht damit - schon wegen der Mitwirkungsbefugnisse des Bundesrates - auch weder der Inhalt des künftigen Gesetzes fest, noch, dass es überhaupt endgültig zustandekommen wird, so läuft es gleichwohl dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten nicht zuwider, wenn von diesem Einschnitt an der Einzelne auf das künftige Fortbestehen der bisherigen Rechtslage jedenfalls nicht mehr vertrauen darf. Der erkennende Senat ist davon ausgegangen, dass bereits der Beschluss des Bundestages vom 24.6.2016 zu einer Zerstörung des Vertrauens auf das Fortbestehen der alten Rechtslage geführt hat.
Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Anwendung des § 203 BewG a.F. im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis führen würde, weil der Wert der streitgegenständlichen Beteiligung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren sowohl nach der alten als auch nach der neuen Rechtslage stets niedriger als der Substanzwert wäre. Bei der Ermittlung des Substanzwerts, der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG den gesetzlichen Mindestwert darstellt, kommt § 203 BewG nicht zur Anwendung.
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Bayern.Recht
Der X. hatte am 24.7.2016 seine Beteiligung an der Y GmbH & Co. KG auf seinen Sohn, Z. übertragen. Zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörte u.a. eine Beteiligung an der Klägerin. Für Zwecke der Durchführung der Schenkungsteuerveranlagung war für Letztere eine Wertfeststellung zum Stichtag des 24.7.2016 durchzuführen. Am 15.2.2019 forderte das Finanzamt die Klägerin auf, eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts abzugeben. Unter dem Datum des 5.6.2019 reichte die Klägerin als Erklärungspflichtiger nach § 153 BewG eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts beim Beklagten ein. Diese bestand aus zwei Ausfertigungen, eine Ausfertigung betraf die bis zum 30.6.2016 geltende Rechtslage und die andere wurde unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die BVerfG-Rechtsprechung vom 4.11.2016 (ErbStAnpG 2016) erstellt. In dem Begleitschreiben beantragte die Klägerin die Anwendung der bis zum 30.6.2016 geltende Rechtslage.
Mit Feststellungsbescheid vom 17.9.2019 stellte das Finanzamt die jeweiligen Werte erklärungsgemäß fest, wobei es die nach dem ErbStAnpG 2016 ab dem 1.7.2016 geltende Rechtslage zugrunde legte. Fortan stritten die Parteien über die Rechtmäßigkeit des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG, der Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel, des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG, des jungen Verwaltungsvermögens und der Schulden (§ 13b Abs. 10 ErbStG), der Anzahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG.
Das FG wies die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Nach Ansicht des erkennenden Senats sprechen gewichtige Indizien dafür, dass die im ErbStAnpG 2016 enthaltene Rückwirkung nach den hierfür vom BVerfG aufgestellten Anforderungen zulässig ist, womit das ErbStG in der Fassung des ErbStAnpG 2016 auf den Streitfall Anwendung fand. Soweit die Klägerin die in dem ErbStAnpG 2016 enthaltene Rückwirkung für verfassungswidrig hielt, folgte ihr der Senat daher nicht.
Die in Art. 3 des ErbStAnpG 2016 und § 37 Abs. 12 ErbStG enthaltene (echte) Rückwirkung ist nach Ansicht des erkennenden Senats zulässig, weil das Vertrauen der Klägerin auf den Fortbestand der alten Rechtslage nicht schutzwürdig ist. Im Streitfall musste die Klägerin schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird (1.7.2016), mit der Änderung der Rechtslage rechnen. Nach der BVerfG-Rechtsprechung ist ab dem endgültigen Beschluss des Bundestages das Vertrauen in die (bisherige) Rechtslage zerstört. Von diesem Zeitpunkt an liegt das Zwischenergebnis des Gesetzgebungsverfahrens offen zutage und kann von jedem zur Kenntnis genommen werden. Steht damit - schon wegen der Mitwirkungsbefugnisse des Bundesrates - auch weder der Inhalt des künftigen Gesetzes fest, noch, dass es überhaupt endgültig zustandekommen wird, so läuft es gleichwohl dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten nicht zuwider, wenn von diesem Einschnitt an der Einzelne auf das künftige Fortbestehen der bisherigen Rechtslage jedenfalls nicht mehr vertrauen darf. Der erkennende Senat ist davon ausgegangen, dass bereits der Beschluss des Bundestages vom 24.6.2016 zu einer Zerstörung des Vertrauens auf das Fortbestehen der alten Rechtslage geführt hat.
Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Anwendung des § 203 BewG a.F. im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis führen würde, weil der Wert der streitgegenständlichen Beteiligung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren sowohl nach der alten als auch nach der neuen Rechtslage stets niedriger als der Substanzwert wäre. Bei der Ermittlung des Substanzwerts, der gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG den gesetzlichen Mindestwert darstellt, kommt § 203 BewG nicht zur Anwendung.
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