Finanzamt darf elektronisch falsch übertragene Lohnsteuerdaten nachträglich berichtigen
FG Münster 24.2.2011, 11 K 4239/07 EDie verheirateten Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie fügten ihrer Einkommensteuererklärung Lohnsteuerbescheinigungen ihrer Arbeitgeber bei, aus denen sich die - zutreffende - Höhe ihres Arbeitslohns ergab. Den erklärten Arbeitslohn legte das beklagte Finanzamt der Steuerfestsetzung allerdings nicht zu Grunde, sondern orientierte sich ohne inhaltliche Überprüfung an den - zu niedrigen - Werten, die der Arbeitgeber der Kläger im Wege des elektronischen Datenaustauschs nach § 41b EStG an das Finanzamt übermittelt hatte.
Im Rahmen einer Routineüberprüfung bemerkte das Finanzamt seinen Irrtum und berichtigte die Steuerfestsetzung zu Lasten der Kläger wegen "offenbarer Unrichtigkeiten" nach § 129 AO. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie sind der Ansicht, dass die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 129 AO nicht vorliegen. Sie hätten die Besteuerungsgrundlagen vollständig erklärt, das Finanzamt habe diese Werte aber erst gar nicht übernommen, sondern darauf vertraut, dass die elektronisch übermittelten Werte zutreffend seien. Dies könne jedoch nicht zu Lasten der Kläger gehen.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt war berechtigt, den Einkommensteuer-Bescheid gem. § 129 S. 1 AO zu ändern.
Gem. § 129 S. 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Zwar handelt es sich bei der Übernahme fehlerhaft übertragener Lohnsteuerdaten nicht um einen Schreibfehler oder Rechenfehler, gleichwohl liegt hierin jedoch eine ähnlich offenbare Unrichtigkeit, welche die Möglichkeit der Bescheidberichtigung nach § 129 AO eröffnet. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtssprechung rein mechanische Fehler, bei denen die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist.
Hierzu zählen z.B. Übertragungsfehler, Irrtümer über den automatisierten Verfahrensablauf u.ä. mechanische Fehler. Der Fehler muss außerdem offenbar sein, also durchschaubar, eindeutig und augenfällig und somit auf der Hand liegen. Eine solche ähnliche offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO liegt im Streitfall vor. Für einen verständigen Dritten ist allein bei Einsichtnahme in die vorliegende Steuererklärung ohne weiteres ersichtlich, dass die in dem Steuerbescheid übernommenen Daten über die Höhe des anzusetzenden Arbeitslohns ohne erkennbaren Grund von den erklärten Angaben abweichen.
Zu Grunde gelegen hatten die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten. Diese hatte der Sachbearbeiter ungeprüft übernommen und dabei auf die Richtigkeit der elektronisch übermittelten Daten vertraut. Dass sie fehlerhaft oder unvollständig waren, hatte er nicht bemerkt. Hätte er ihre Angaben in ihrer Steuererklärung überprüft, so wäre ihm diese Unrichtigkeit aufgefallen. Gerade dies aber war nicht geschehen. Dieser Fehler steht einem mechanischen Versehen gleich. Ein Rechtsirrtum scheidet somit aus.
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