Finanzamt kann mit abgetretenen USt-Nachzahlungsansprüchen gegen Erstattungsanspruch eines Bauträgers aufrechnen
FG Nürnberg 30.1.2018, 2 K 1351/17Die Klägerin ist Bauträgerin. 2012 bezog sie zahlreiche Eingangsleistungen von Bauunternehmern, bei denen die Klägerin und die leistenden Unternehmer übereinstimmend davon ausgingen, dass entsprechend Abschn. 182a Abs. 11 der UStR 2005 die Klägerin als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer schulde.
Für 2012 gab die Klägerin im Januar 2014 eine Umsatzsteuererklärung ab, in der sie die Umsatzsteuer, die vom Leistungsempfänger geschuldet wird, mit rd. 927.000 € und die Umsatzsteuerschuld mit rd. 903.000 € ermittelte. Dabei ging sie weiterhin von der oben genannten Rechtsauffassung aus. Die Erklärung wirkte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Mai 2014 gab die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung ab, in der sie dich auf das BFH-Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10 bezog.
Das Finanzamt stimmte der berichtigten Erklärung nicht ganz zu, sondern erließ im Dezember 2016 auch aufgrund des BFH-Urteils einen geänderten Umsatzsteuerbescheid. Daraus ergab sich ein Erstattungsbetrag von rd. 61.000 € gegen den das Finanzamt im mit abgetreten Ansprüchen von sieben Bauunternehmern (Zedenten) aufrechnete. Die Klägerin forderte einen Abrechnungsbescheid, in dem das Finanzamt entschied, dass der Erstattungsanspruch erloschen sei. Der dagegen eingelegte Einspruch der Klägerin blieb ebenso erfolglos wie die Klage vorm FG. Die Revision wurde zugelassen.
Die Gründe:
Der Abrechnungsbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwar ergab sich aus dem Umsatzsteuerbescheid 2012 aus Dezember 2016 unter Berücksichtigung der zuvor geleisteten Zahlungen ein Erstattungsanspruch der Klägerin in der geltend gemachten Höhe. Dieser Erstattungsanspruch ist aber erloschen, weil das Finanzamt durch Abtretung von den Zedenten Ansprüche gegen die Klägerin in gleicher Höhe erworben und mit diesen wirksam aufgerechnet hat.
Für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche gelten nach § 226 Abs. 1 AO sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Nach diesen Vorschriften hat das Finanzamt durch ihre Erklärung wirksam aufgerechnet, so dass der Erstattungsanspruch der Klägerin erloschen ist. Das Finanzamt hatte gegen die Klägerin Ansprüche in entsprechender Höhe aus abgetretenem Recht der Zedenten. Die Zedenten konnten von der Klägerin die Nachzahlung der Umsatzsteuer verlangen, die sich aus den in irriger Annahme einer Umkehr des Steuerschuldners durchgeführten Verträgen ergab. Sie haben diese Ansprüche wirksam gem. § 27 Abs. 19 S. 3 UStG an das Finanzamt abgetreten. Es bestehen Nachzahlungsansprüche der Zedenten, da sie Umsätze an die Klägerin ausgeführt haben und dabei irrig annahmen, dass die Klägerin Umsatzsteuer schulde, und dementsprechend abrechneten.
Diese Nachzahlungsansprüche sind auch nicht verjährt. Nach den Grundsätzen der Verjährung §§ 195 ff. BGB verjähren die Ansprüche nicht vor dem 31.12.2020, da der Beginn der Verjährungsfrist nicht vor dem 5.4.2017 - mit Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 23.3.2017, V R 16, 24/16 - ausgelöst wurde- Dieses Urteil war die erste höchstrichterliche Entscheidung über mögliche Nachzahlungsansprüche. Davor bestand hinsichtlich der Ansprüche der Zedenten keine geklärte Rechtslage. Im Übrigen wären die abgetretenen Ansprüche auch nicht verjährt, wenn schon die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 22.8.2013, V R 37/10 am 27.11.2013 den Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst hätte.
Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, wann die Verjährung des Nachzahlungsanspruchs beginnt, ist von grundsätzlicher Bedeutung.
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