Finanzamt muss Gemeinden nicht hinsichtlich Besteuerungsgrundlagen zur Festsetzung der Gewerbesteuer korrigieren
BFH 25.11.2015, I R 85/13Die Klägerin ist eine GmbH. Sie wurde von der X-AG gegründet und von dieser bis 2001 unmittelbar im Beteiligungsbesitz gehalten. Sowohl die Klägerin als auch das Finanzamt gingen davon aus, dass zwischen der Klägerin und der X-AG in den Erhebungszeiträumen 1999 und 2000 eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft und im Erhebungszeitraum 2001 eine sog. Organschaftskette bestanden habe. Als Folge wurden die von der Klägerin erzielten Jahresergebnisse gewerbesteuerrechtlich der X-AG zugerechnet.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-AG versandte das Finanzamt im November 2009 "Mitteilungen" an die Stadt A, deren wesentlicher Inhalt war, dass die X-AG in den Jahren 1999 bis 2001 auf dem Gemeindegebiet der Stadt A eine Betriebsstätte unterhalten habe. Im November 2010 wies die Stadt A die Klägerin darauf hin, dass nach § 73 AO eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers hafte, für welche die Organschaft steuerlich von Bedeutung war. Eine solche Haftungsinanspruchnahme sei beabsichtigt: Die Haftungsvoraussetzungen seien im Verhältnis zwischen der Klägerin und der X-AG erfüllt.
Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass mangels organisatorischer Eingliederung, für das Jahr 2001 auch mangels finanzieller Eingliederung, ein Organschaftsverhältnis mit der X-AG zu verneinen sei. Die Klägerin beantragte daraufhin beim Finanzamt, die Stadt A darüber zu informieren, dass auf Grundlage neuerer Rechtsprechung die Voraussetzungen einer Organschaft nicht gegeben, zumindest aber zweifelhaft seien. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab. Das FG qualifizierte das Rechtsschutzbegehren der Klägerin als allgemeine Leistungsklage und wies diese mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin war nicht i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO befugt, das Finanzamt auf die Erteilung einer geänderten "Mitteilung" zu verklagen.
Für eine allgemeine Leistungsklage einer (vermeintlichen) Organgesellschaft, mit der das Finanzamt verurteilt werden soll, eine von ihm im Besteuerungsverfahren des (vermeintlichen) Organträgers gemachte Mitteilung an die zur Festsetzung der Gewerbesteuer zuständige Gemeinde inhaltlich zu korrigieren, fehlt grundsätzlich die Klagebefugnis. Der Kläger ist dann klagebefugt, wenn die Rechtsordnung ein subjektives Recht kennt, das den geltend gemachten Anspruch in seiner Person tragen würde. Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 FGO sind erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumindest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene subjektiv-öffentliche Rechte des Klägers verletzt (sog. Möglichkeitstheorie) bzw. die Klagebefugnis ist - umgekehrt gewendet - nur dann nicht gegeben, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger geltend gemachten Rechte bestehen oder ihm zustehen können.
Nach diesen Maßstäben fehlte es hier für die auf eine geänderte Mitteilung gerichtete Klage an der Klagebefugnis. Denn subjektiv-öffentliche Rechte der Klägerin wurden durch die Mitteilung des Finanzamtes im Gewerbesteuerverfahren der X-AG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tangiert. § 184 Abs. 3 AO verlieh der Klägerin gerade keine Klagebefugnis. Diese Norm betraf nicht das Besteuerungsverhältnis der Klägerin und hat auch keinen drittschützenden Charakter. Für Mitteilungen, die auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 AO und des § 21 Abs. 3 FVG gemacht werden, gilt das zu § 184 Abs. 3 AO Gesagte entsprechend. Letztlich vermittelte auch der - richterrechtlich entwickelte - öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, auf den sich die Klägerin berufen hatte, keine Klagebefugnis.
Der Rechtsschutz der Klägerin bleibt gewahrt. Denn erlässt eine Gemeinde einen auf § 73 AO gestützten Haftungsbescheid, kann die Klägerin dagegen durch Klage zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten vorgehen.
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