Fluggesellschaften müssen Differenz zwischen reduziertem und normalem Satz der irischen Flugsteuer an Irland zurückzahlen
EuGH 21.12.2016, C-164/15 P u.a.Im Juli 2009 beantragte Ryanair bei der Kommission die Prüfung, ob die Fluggaststeuer ("air travel tax", ATT), die Irland von Fluggesellschaften erhebt, nicht eine rechtswidrige staatliche Beihilfe zugunsten einiger ihrer Mitbewerber darstellt. Diese Mitbewerber hätten nämlich einen finanziellen Vorteil insbesondere daraus gezogen, dass sie zahlreiche Flüge zu weniger als 300 km vom Flughafen Dublin entfernten Zielen durchführten, für die die Steuer 2 € je Fluggast betrage, während sie für andere Flüge ab Irland 10 € betrage.
Im Juli 2012 gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Anwendung eines niedrigeren Satzes für Kurzstreckenflüge eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstelle. Sie ordnete daher an, diese Beihilfe von den Begünstigten zurückzufordern, wobei sie klarstellte, dass die Höhe der Beihilfe der Differenz zwischen dem reduzierten Satz von 2 € und dem Standardsatz von 10 € entspreche, also 8 € betrage. Die Klägerinnen, Aer Lingus und Ryanair, die auch zu den Begünstigten der Beihilfe gehörten, erhoben beim EuG Klagen gegen den Beschluss der Kommission, mit dem die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wurde.
Das EuG gab der Klage teilweise statt und erklärte den Beschluss der Kommission teilweise für nichtig. Die Kommission habe nicht darlegen können, dass der Vorteil für die betreffenden Fluggesellschaften in allen Fällen 8 € je Fluggast betragen habe. Auf die Rechtsmittel der Kommission hob der EuGH die Urteile des EuG auf und wies die Klagen vollumfänglich ab.
Die Gründe:
Die Fluggesellschaften, die in den Genuss des reduzierten Satzes kommen konnten, haben gegenüber den Gesellschaften, die den Standardsatz gezahlt haben, einen Wettbewerbsvorteil von 8 € erlangt. Die Rückgabe dieses Vorteils machte es, wie die Kommission in ihrer Entscheidung ausgeführt hat, demnach erforderlich, dass Irland für jeden der betreffenden Flüge einen Betrag von 8 € je Fluggast zurückfordert.
Hintergrund der Rückforderung der Beihilfe ist die Rückgabe des Vorteils, den die Fluggesellschaften aus der Anwendung des reduzierten Satzes ziehen konnten, und nicht die Herausgabe des wirtschaftlichen Gewinns, den diese Gesellschaften durch die Ausnutzung dieses Vorteils möglicherweise erzielen konnten. Der beanstandete Vorteil bestand nämlich nicht darin, dass die betreffenden Fluggesellschaften wettbewerbsfähigere Preise als ihre Mitbewerber anbieten konnten. Er ergab sich ganz einfach daraus, dass diese Gesellschaften einen niedrigeren Betrag als den entrichten mussten, den sie hätten zahlen müssen, wenn ihre Flüge dem Standardsatz unterlegen hätten.
Die Begünstigten der Beihilfe wurden im Übrigen durch nichts daran gehindert, den Preis ihrer dem reduzierten Satz unterliegenden Tickets um 8 € zu erhöhen, um einen wirtschaftlichen Gewinn i.H.d. Differenz zwischen dem reduzierten Satz und dem Standardsatz zu erzielen. Das Vorbringen der Klägerinnen, ihre Verpflichtung zur Zahlung von 8 € komme einer zusätzlichen finanziellen Belastung oder einer diskriminierenden Sanktion gleich, da sie keine tatsächliche Möglichkeit hätten, diesen Betrag von ihren Kunden zurückzuerlangen, greift insoweit nicht durch.
Demzufolge hatte die Kommission nicht zu prüfen, ob und inwieweit die Begünstigten der Beihilfe den sich aus der Anwendung des reduzierten Satzes ergebenden wirtschaftlichen Vorteil tatsächlich genutzt haben. Dem EuG ist daher in seinem Urteil ein Rechtsfehler unterlaufen, soweit es der Kommission vorgeworfen hat, dass sie den zurückzufordernden Beihilfebetrag auf 8 € je Fluggast festgesetzt hat.
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